28. November 2016

I principi fondamentali

paar1-300x2502… aus der Konstitution der Liberalen Großloge von Österreich.

Präambel und Selbst-Definition

Die Konstitution regelt das Wirken der Liberalen Großloge von Österreich als freimaurerische Organisation.

Jede Mitgliedsloge der Liberalen Großloge von Österreich ist allen anderen Mitgliedslogen für die Einhaltung der Grundsätze

verantwortlich und daher verpflichtet, Mindestanforderungen an das Logenleben einzuhalten.

Die Tradition der Liberalen Großloge von Österreich gründet sich insbesondere auf folgende Dokumente:

Die Liberale Großloge von Österreich dient dem Außenauftritt gegenüber der freimaurerischen Welt und der dafür notwendigen Innenorganisation zwischen den ihr angehörenden Freimaurerlogen, die gemäß den Grundsätzen der Straßburger Deklaration der CLIPSAS vom 22. Jänner 1961 als gerechte und vollkommene Logen gegründet wurden und sich zu dieser bekennen.

Die Liberale Großloge von Österreich bekennt sich zu absoluter Gewissensfreiheit, Toleranz und Pluralismus und vereint in ihren Mitgliedslogen Freimaurer beiderlei Geschlechts ohne Unterschied von Herkunft, Religion und Weltanschauung und ist jeder anderen freimaurerischen Institution gegenüber selbstständig und unabhängig. Die Mitgliedslogen gewähren einander ein allgemeines und gegenseitiges Besuchsrecht. Die inneren Angelegenheiten der Mitgliedslogen (im Besonderen die Wahl des Rituals, die Wahl der aufzunehmenden Schwestern und/oder Brüder) liegen in der Entscheidung und Verantwortung jeder Mitgliedsloge.

Aufruf von Straßburg 

Die am 22. Januar 1961 in Straßburg versammelten souveränen freimaurerischen Kräfte sind:

Angesichts der Tatsachen

1.
dass es dringend notwendig ist zwischen allen Freimaurern die Bruderkette wiederherzustellen, die durch bedauerliche Ausschlussbestimmungen gebrochen wurde, welche mit den Grundsätzen der Anderson'schen Konstitutionen aus dem Jahre 1723 in Widerspruch stehen,
2.
dass es zu diesem Zweck wichtig ist, unter Berücksichtigung aller Bräuche, alle Riten, aller Symbole, aller Glaubensformen und bei unbedingter Anerkennung der Gewissensfreiheit die Bedingungen gemeinsam zu suchen, welche für die Freimaurereigenschaft ausschlaggebend sind,

Der Ansicht 

dass die Anrufung des Allmächtigen Baumeisters aller Welten bei der Arbeit oder die Forderung, eines der Drei Lichter solle das Heilige Buch einer offenbarten Religion sein, dem Urteil jeder Loge und jeder Obödienz überlassen werden soll.

Beschließen

untereinander brüderliche Beziehungen anzuknüpfen und jedem Freimaurer, der in einer Gerechten und Vollkommenen Loge das Licht erhielt, ohne Gegenseitigkeitszwang die Tore ihrer Tempel zu öffnen, sofern es die maurerische Besonderheit ihrer Loge ermöglicht (männlich/weiblich oder gemischt arbeitend).

Rufen

alle Freimaurer dazu auf, sich dieser Bruderkette anzuschließen, die sich auf völlige Gewissensfreiheit und eine vollkommene gegenseitige Duldsamkeit gründet.

CLIPSAS ­ GRUNDSATZ

Am 22. Januar 1961 arbeiteten elf Freimaurer­Obödienzen, welche ihre Souveränität in zehn verschiedenen Ländern ausübten, in Straßburg eine Charta aus, die auf der absoluten Gewissensfreiheit basiert, mit der Absicht, die brüderlichen Beziehungen, die sie untereinander pflegen, auf alle Freimaurer und auf alle Freimaurer­Logen auszudehnen. Diese Charta richtet einen Appell an alle Brüder Freimaurer sich dieser Bruderkette anzuschließen.

So entstand «Le Centre de Liaison et d’lnformation des Puissances maçonniques Signataires de l'Appel de Strasbourg», C.L.I.P.S.A.S. genannt (Verbindungs­ und Informationszentrum der Freimaurerischen Signatarobödienzen der Straßburger Deklaration). Durch periodische Arbeitstagungen gewährleistet diese Organisation eine ständige Verbindung unter ihren Mitgliedern.

Die auf diese Weise verbundenen Obödienzen sind davon überzeugt, dass der Respekt vor der Gewissensfreiheit eines jeden und eine völlige auf Gegenseitigkeit beruhende Toleranz die Grundpfeiler der freimaurerischen Arbeit sind.

Alle Mitglieder des CLIPSAS bekennen sich durch ihren Beitritt zum Appell von Straßburg feierlich zu der Überzeugung, dass die Unterschiede in den Traditionen, Riten, Symbolen und Glaubensrichtungen zwischen den einzelnen Obödienzen oder auch innerhalb derselben, Früchte der historischen Evolution der menschlichen Gemeinschaft sind. Weit davon entfernt eine Quelle der Uneinigkeit zu sein, stellen diese Unterschiede moralischen Anreiz und geistigen Reichtum dar.

Die Unterzeichner des Appells von Straßburg sind der Ansicht, dass ihr Zusammenschluss ein ganz natürliches, den freimaurerischen Geist am besten verkörperndes und aufbauendes Unternehmen ist.

Dieses Bekenntnis zur Toleranz, diese Verkündung der Achtung vor der Denkweise anderer, geben die Grundlage ab für das Entstehen einer Verhaltensweise auf der sich die Freimaurer finden können.
Die Signatarobödienzen des Appells von Straßburg sind der Ansicht, dass das Prinzip der Universalität in der Freimaurerei es nicht zulässt, dass gewisse Dogmen und Wahrheiten in autoritärer Art und Weise aufgezwungen werden. Sie glauben, dass die Bruderkette sich auf der Toleranz aufbauen muss, deren Grundlage die vollständige Gewissensfreiheit und der Respekt vor der Menschenwürde ist.

Indem sie danach handelt ist die Union von Straßburg davon überzeugt, die Anderson'schen Prinzipien in der modernen Welt zu verteidigen und in die Tat umzusetzen.
Die Gewissensfreiheit ist ein Grundprinzip der Freimaurerei. Nur dort wo dieses Prinzip befolgt wurde, war die Freimaurerei ein Faktor der intellektuellen, moralischen und geistigen Bereicherung der Menschheit.

Nur auf diesem Prinzip und auf ihm allein, können die Freimaurer, die sich der ständigen Evolution der Zeiten bewusst sind, die Hoffnung nähren, eine wahre humane Weltbruderkette zu gründen.

Die Alten Pflichten.

Als Grundgesetz der Freimaurerei werden allgemein die Alten Pflichten, Old Charges, bezeichnet. Sie wurden 1722 von Reverend James Anderson im Auftrag des Herzogs von Montagu, Großmeister der 1717 gegründeten Großloge von England, ausgearbeitet und 1723 beschlossen. Der offizielle Titel des Dokuments: The Constitutions of the Free-Masons, containing the History, Charges, Regulations etc. of that most Ancient and Right Worshipful Fraternity. (For the use ofthe Lodges.) In the Year ofMasonry 5723, Anno Domini 1723. Nach historisch nicht verlässlichen Auslegungen folgt das Hauptstück der Alten Pflichten eines Freimaurers, die in London öffentlich erschienen sind.

Die Alten Pflichten der freien und angenommenen Maurer, gesammelt vom Verfasser aus ihren alten Urkunden auf den Befehl des Großmeisters, des gegenwärtigen Herzogs von Montagu. Gebilligt durch die Großloge und zur Drucklegung befohlen in der ersten Ausgabe des Konstitutionsbuches, am 25. März 1722. Wie sie bei der Aufnahme neuer Brüder oder wenn der Meister es verordnet, vorgelesen werden sollen.

  1. Von Gott und der Religion.
  2. Von der bürgerlichen Obrigkeit, der höchsten und untergeordneten.
  3. Von den Logen.
  4. Von den Meistern, Aufsehern, Zunftgenossen und Lehrlingen.
  5. Von dem Verhalten der Zunft bei der Arbeit.
  6. Vom Betragen:
  • wenn die Loge geöffnet ist;
  • wenn die Loge geschlossen ist und die Brüder noch nicht auseinander gegangen sind;
  • wenn Brüder außerhalb der Loge zusammentreffen und kein Fremder zugegen ist;
  • in Gegenwart von Fremden, welche nicht Maurer sind;
  • im Hause und in der Nachbarschaft;
  • gegen einen fremden Bruder.

I. Hauptstück.
Von Gott und der Religion.
Der Maurer ist durch seinen Beruf verbunden, dem Sittengesetz zu gehorchen, und wenn er seine Kunst recht versteht, wird er weder ein dummer Gottesleugner noch ein Wüstling ohne Religion sein. Aber obgleich in alten Zeiten die Maurer verpflichtet waren, in jedem Lande von der jedesmaligen Religion des Landes oder der Nation zu sein, so hält man doch jetzt für ratsam, sie bloß zu der Religion zu verpflichten, in welcher alle Menschen übereinstimmen und jedem seine besondere Meinung zu lassen, das heißt, sie sollen gute und wahrhafte Männer sein, Männer von Ehre und Rechtschaffenheit, durch was für Sekten und Glaubensmeinungen sie auch sonst sich unterscheiden mögen. Hierdurch wird die Maurerei ein Mittelpunkt der Vereinigung und ein Mittel, treue Freundschaft unter Personen zu stiften, welche sonst in ständiger Entfernung voneinander hätten bleiben müssen.

II. Hauptstück.
Von der bürgerlichen Obrigkeit, der höchsten und der untergeordneten.Der Maurer ist ein friedfertiger Untertan der bürgerlichen Gewalt, wo er auch wohnet und arbeitet, und darf sich nie in Meuterei oder Verschwörung gegen den Frieden und die Wohlfahrt der Nation einlassen, noch sich pflichtwidrig gegen die Unterobrigkeiten betragen. Denn gleichwie Krieg, Blutvergießen und Verwirrung der Maurerei immer nachteilig gewesen sind, so waren auch vor alters Könige und Fürsten sehr geneigt, die Zunftgenossen ihrer Friedfertigkeit und Treue wegen, wodurch sie den bösen Leumund ihrer Gegner mit der Tat widerlegten, aufzumuntern und die Ehre der Brüderschaft zu fördern, welche immer in Friedenszeiten blühte. Sollte daher ein Bruder ein Empörer gegen den Staat sein, so darf er in seiner Empörung nicht bestärkt werden, obgleich er als ein unglücklicher Mann zu bemitleiden ist, ja, wird er keines anderen Verbrechens überführt, so kann — wenngleich die treue Brüderschaft seine Empörung missbilligen soll und der bestehenden Regierung weder Vorwand noch Grund zu politischer Eifersucht geben darf — sie ihn doch nicht aus der Loge stoßen, und sein Verhältnis zu derselben bleibt unverletzlich.

III. Hauptstück.
Von den Logen.
Eine Loge ist ein Ort, wo sich Maurer versammeln und arbeiten. Daher wird eine solche Versammlung oder gehörig eingerichtete Gesellschaft von Maurern eine Loge genannt, und jeder Bruder muss zu einer gehören und ihren besonderen Gesetzen und den allgemeinen Anordnungen unterworfen sein. Die Loge ist entweder eine einzelne oder eine allgemeine, wie solches durch den Besuch derselben und die unten folgenden Anordnungen der allgemeinen oder Großen Loge deutlicher erhellen wird. In alten Zeiten durfte kein Meister oder Mitbruder in der Loge fehlen, besonders wenn ihm selbige angesagt war, ohne sich einer strengen Bestrafung auszusetzen. Es wäre denn, dass sich der Meister oder die Aufseher überzeugt hielten, entschiedene Notwendigkeit habe ihn abgehalten. Diejenigen, welche zur Mitgliedschaft einer Loge zugelassen werden, müssen gute, wahrhafte, frei geborene Männer von reifem und verständigem Alter, keine Leibeigenen, keine Frauenzimmer, keine unsittlichen oder anstößigen Menschen, sondern von gutem Rufe sein.

IV. Hauptstück.
Von den Meistern, Aufsehern, Gesellen und Lehrlingen.
Aller Vorzug unter Maurern gründet sich allein auf wahrem Wert und persönlichem Verdienst, damit die Bauherrn wohlbedient, die Brüder nicht beschämt werden und die königliche Kunst nicht in Verachtung gerate. Daher wird kein Meister oder Aufseher nach seinem Alter, sondern nach seinem Verdienst erwählt. Es ist unmöglich, dies schriftlich auszudrücken. Jeder Bruder muss sich auf seinem Posten einfinden und diese Dinge auf eine der Bruderschaft eigentümliche Art erlernen. Nur das mögen Bewerber wissen, dass kein Meister einen Lehrling annehmen darf, wenn er nicht hinlängliche Arbeit für ihn hat und solcher ein vollkommener Jüngling ist, ohne körperliche Mängel und Gebrechen, welche ihn unfähig machen könnten, die Kunst zu erlernen, dem Bauherrn seines Meisters zu dienen und zum Bruder, in gehöriger Zeit zum Gesellen aufgenommen zu werden, nachdem er die Anzahl Jahre gedient hat, welche die Gewohnheit seines Landes vorschreibt. Und dass er von ehrlichen Eltern geboren sein muss, damit er, wenn er sonst dazu taugt, zu der Ehre gelangen könne, Aufseher und darauf Meister der Loge, dann Großaufseher und endlich seinen Verdiensten gemäß Großmeister aller Logen zu werden. Kein Bruder kann Aufseher werden, wenn er nicht zuvor Zunftgenosse (Geselle) gewesen ist, noch Meister, wenn er nicht als Aufseher gedient hat, noch Großaufseher, wenn er nicht Meister einer Loge gewesen, noch Großmeister, wenn er nicht vor seiner Wahl Zunftgenosse gewesen ist. Auch muss letzterer entweder von hohem Adel oder ein wohlerzogener Mann von feinen Sitten, ein Mann von Stande, ein ausgezeichneter Gelehrter, ein kunsterfahrener Baumeister oder sonst ein Künstler sein, von ehrbaren Eltern abstammend und dabei nach der Meinung der Logen besondere große Verdienste besitzen. Damit er aber sein Amt besser, leichter und ehrenvoller verwalten kann, hat der Großmeister die Gewalt, sich seinen eigenen Deputierten Großmeister zu wählen, welcher Meister einer besonderen Loge gewesen sein muss und das Vorrecht besitzt, jede Handlung, die dem Großmeister, seinem Vorgesetzten, zusteht, zu vollziehen, wenn besagter Vorgesetzter nicht etwa selbst gegenwärtig ist oder seine Autorität schriftlich geltend macht. Diesen höchsten und untergeordneten Ordnern und Vorgesetzten der alten Loge soll in ihren bestimmten Ämtern zufolge der Alten Pflichten und Verordnungen von allen Brüdern mit Bescheidenheit, Ehrfurcht, Liebe und Bereitwilligkeit Gehorsam geleistet werden.

V. Hauptstück.
Von dem Verhalten der Zunft bei der Arbeit.
"Alle Maurer sollen an den Werktagen redlich arbeiten, damit sie an Festtagen mit Ehren leben können; auch sollen sie die durch die Landesgesetze angeordneten oder durch das Herkommen bestimmten Arbeitsstunden einhalten. Der erfahrenste von den Zunftgenossen soll zum Meister oder Oberaufseher über des Bauherrn Werk erwählt oder angesetzt und dann von denen, die unter ihm arbeiten, Meister genannt werden. Die Zunftgenossen sollen sich aller Schimpfreden enthalten, auch einander nicht bei beleidigenden Namen, sondern Bruder und Gefährte nennen und sich in und außerhalb der Loge höflich betragen. Der Meister, welcher sich seiner Kunstgeschicklichkeit bewusst ist, soll des Bauherrn Werk so billig als möglich übernehmen und dessen Eigentum so redlich, als wäre es eigenes, verwalten, auch keinem Bruder oder Lehrling mehr Lohn geben, als derselbe wirklich verdient. Beide, der Meister und die Maurer, die ihren Lohn richtig erhalten, sollen dem Bauherrn treu sein und ihr Werk redlich vollenden, es mag im Ganzen oder im Taglohn verdungen sein; auch sollen sie keine Arbeit für Gesamtlohn nehmen, bei welcher Taglohn herkömmlich ist. Niemand soll die Wohlfahrt eines Bruders beneiden, ihn verdrängen oder von seinem Bauwerke zu vertreiben suchen, wenn derselbe die Fähigkeit besitzt, es zu vollenden; denn niemand kann eines andern Werk so zum Vorteile des Bauherrn vollenden als derjenige, welcher mit den Entwürfen und Grundrissen dessen, der es angefangen hat, durchaus bekannt ist. Wenn ein Zunftgenosse zum Aufseher des Werks unter dem Meister erwählt ist, so soll er sowohl dem Meister als den Genossen treu sein, in des Meisters Abwesenheit über das Werk zum Vorteile des Bauherrn sorgfältige Aufsicht führen und seine Brüder sollen ihm gehorchen. Alle angestellten Maurer sollen ihren Lohn in Ergebenheit ohne Murren oder Meuterei in Empfang nehmen und den Meister vor Beendigung des Werkes nicht verlassen. Ein jüngerer Bruder soll in der Arbeit unterrichtet werden, auf dass er nicht aus Mangel an Beurteilung die Materialien verderbe und damit die Liebe zunehme und fortwähren mag. Alle Werkzeuge, deren man sich bei der Arbeit bedient, sollen von der Großloge gebilligt werden. Kein Handlanger soll an dem eigentlichen Werke der Maurerei angestellt werden; auch sollen Freimaurer nicht ohne dringende Not mit solchen, welche nicht befreiheitet sind, arbeiten, noch sollen sie Handlanger und nichtangenommene Maurer unterrichten, wie sie einen Bruder oder Zunftgenossen unterrichten würden."

VI. Hauptstück.
Von dem Betragen

  • Betragen in der Loge, wenn sie geöffnet ist.

"Dir sollt ohne Erlaubnis des Meisters keine geheimen Ausschüsse oder abgesonderten Verhandlungen pflegen, noch von etwas Ungehörigem oder Unziemlichem sprechen, auch weder dem Meister noch dem Aufseher, noch einem mit dem Meister sprechendem Bruder in die Rede fallen. Desgleichen sollt Ihr nicht Possen oder Scherz treiben, während die Loge mit ernsthaften und feierlichen Dingen beschäftigt ist; noch dürft Ihr unter irgendwelchem Vorwand eine ungebührliche Rede führen, sondern Ihr habt Eurem Meister, Euren Aufsehern und Genossen schuldig Achtung zu erweisen und sie in Ehren zu halten. Wenn Klage einläuft, so soll der schuldig befundene Bruder dem Urteil und der Entscheidung der Loge unterworfen sein, welche der eigentliche und regelmäßige Richter aller solcher Streitigkeiten ist (es sei denn, dass Dir an die Großloge appellieren wollt) und wo sie anhängig gemacht werden müssen; jedoch darf des Bauherrn Werk nicht verzögert werden, in welchem Falle eine außerordentliche Untersuchung stattfinden mag. ADein Dir soDt nie in Sachen, welche die Maurerei betreffen, vor bürgerliche Gerichte gehen, wenn es der Loge nicht als unumgänglich notwendig einleuchtet."

  • Betragen, wenn die Loge vorüber ist, die Brüder aber noch nicht auseinandergegangen sind.

"Dir mögt Euch in unschuldiger Lust ergötzen und Euch einander nach Kräften bewirten. Ihr müsst aber jede Ausschweifung vermeiden und keinen Bruder zwingen, über seine Neigung zu essen und zu trinken, oder ihn am Weggehen hindern, wenn ihn seine Angelegenheiten abrufen. Ihr müsst auch nichts tun oder sagen, was beleidigen oder eine ungezwungene und freie Unterhaltung stören könnte; denn dies würde unsere Eintracht zerrütten und unsere löblichen Absichten vereiteln. Daher dürfen keine Privathändel und Streitigkeiten über die Schwelle der Loge mitgebracht werden, am allerwenigsten Streitigkeiten über Religion oder Nationen oder Staatsverwaltung. Denn wir gehören als Maurer bloß zu der oben angeführten allgemeinen Religion, auch sind wir von allen Nationen, Zungen, Geschlechtern und Sprachen und sind entschieden gegen politische Erörterungen, welche noch nie zur Wohlfahrt der Loge gereicht haben und nie dazu gereichen werden. Diese Pflicht ist jederzeit streng eingeschärft und befolgt worden, besonders aber seit der Reformation in Britannien oder seit dem Abfall und der Trennung dieser Nationen von der Gemeinschaft mit Rom."

  •   Betragen, wenn Brüder zusammen kommen, ohne dass Fremde zugegen sind, doch nicht in einer förmlichen Loge.

"Dir sollt einander höflich grüßen, wie man Euch lehren wird, Euch untereinander Bruder nennen, Euch offen gegenseitig dienliche Unterweisung geben, doch ohne bemerkt oder behorcht zu werden und ohne Anmaßung gegeneinander, auch ohne der Achtung zu nahe zu treten, welche jedem Bruder gebührt, wenn er nicht Maurer wäre. Denn obgleich alle Maurer als Brüder miteinander auf gleicher setzwaagegerechter Ebene stehen, so entzieht doch die Maurerei keinem eine Ehre, welche er zuvor besaß. Vielmehr vermehrt sie seine Ehre, besonders wenn er sich um die Bruderschaft wohlverdient gemacht hat, welche Ehre geben, dem Ehre gebührt, und schlechte Sitten vermeiden muss."

  • Betragen in Gegenwart von Fremden, welche nicht Maurer sind.

"Dir sollt in Reden und Betragen vorsichtig sein, dass auch der scharfsinnigste Fremde nichts zu entdecken vermöge, was nicht geeignet ist, ihm eröffnet zu werden. Zuweilen müsst Ihr auch ein Gespräch ablenken und es klüglich zur Ehre der Ehrwürdigen Bruderschaft leiten."

  • Betragen zu Hause und in Eurer Nachbarschaft.

"Ihr sollt handeln, wie es einem sittlichen und weisen Manne geziemt und besonders Eurer Familie, Euren Freunden und Nachbarn nichts entdecken, was die Loge betrifft usw., vielmehr weislich Eure eigene und der alten Bruderschaft Ehre in Erwägung ziehen, aus Ursachen, welche hier nicht angeführt werden können. Ihr müsst ferner auf Eure Gesundheit bedacht nehmen und nicht zu spät zusammen und zu lange, nachdem die Logenstunden verflossen sind, vom Hause bleiben, auch Schwelgerei und Trunkenheit vermeiden, damit Eure Familie nicht vernachlässigt oder gekränkt, Ihr selbst aber nicht zur Arbeit unfähig werden möget."

  • Betragen gegen einen fremden Bruder.

"Dir sollt ihn vorsichtig prüfen, und zwar so, wie Euch die Klugheit eingeben wird, damit Ihr nicht von einem Unwissenden durch falsche Ansprüche hintergangen werdet. Mit Verachtung und Spott müsst Ihr einen solchen abweisen und Euch in acht nehmen, ihm den geringsten Wink von Euren Kenntnissen zu geben. Wenn Ihr aber in ihm einen echten wirklichen Bruder entdeckt, so ehrt ihn als einen solchen. Ist er bedürftig, so helft ihm, wenn Dir könnt, oder gebt ihm sonst Anleitung, wie ihm geholfen werden möge. Ihr müsst ihm entweder einige Tage Arbeit geben oder sonst ihn zur Arbeit empfehlen. Ihr seid aber nicht verbunden, über Euer Vermögen zu tun; nur sollt Ihr einen armen Bruder, welcher ein guter und treuer Mann ist, unter gleichen Umständen jedem andern armen Menschen vorziehen."

Der Schluss der Alten Pflichten.
"Endlich: Alle diese Vorschriften habt Dir zu befolgen, wie auch diejenigen, welche Euch auf einem anderen Wege kundgemacht werden. Übt brüderliche Liebe, den Grund- und Schlussstein, den Kitt und Ruhm der alten Bruderschaft. Vermeidet allen Zank und Streit, alle Lästerungen und Nachreden. Auch erlaubet nicht, dass andere einen rechtschaffenen Bruder verleumden, sondern verteidigt seinen Ruf und leistet ihm alle guten Dienste, soweit es mit Eurer Ehre und WohDahrt bestehen kann, aber nicht weiter. Tut ein Bruder Euch Unrecht, so sollt Dir Euch an Eure oder an seine Loge wenden. Von der könnt Ihr an die Vierteljahrsversammlung der Großloge berufen und von dieser an die jährliche Großloge, wie es das alte löbliche Verfahren unserer Vorväter bei jedem Volke gewesen ist. Gehet aber nie vor Gericht, außer wenn der Fall nicht anders entschieden werde kann, und gebet geduldig dem ehrlichen Rate des Meisters und Eurer Genossen Gehör, wenn sie Euch von einem Rechtsstreite mit Fremden abzuhalten oder Euch zu bewegen suchen, aDen Rechtshändeln ein schnelles Ende zu machen, damit Ihr den Angelegenheiten der Maurerei mit desto mehr Freudigkeit und Erfolg nachdenken könnt. Was aber prozessierende Brüder oder Genossen betrifft, denen sollen der Meister und die Brüder ihre Vermittlung liebreich antragen und soll selbige von den streitenden Brüdern mit Dank angenommen werden. Sollte es aber untunlich sein, sich dem zu fügen, so müssen sie dennoch ihren Prozess oder Rechtshandel ohne Grimm und Erbitterung führen (wie es sonst geschieht) und dürfen nichts sagen und tun, was Erneuerung oder Fortsetzung brüderlicher Liebe und guter Dienste verhindern könnte, damit jedermann den guten Einfluss der Maurerei erkenne, wie alle echten Maurer getan haben vom Anbeginn der Welt und tun werden bis ans Ende aller Zeiten. Amen, so mote it be! (Amen, also geschehe es!)"

DIE NEUEN PFLICHTEN

Erarbeitet von der Unabhängigen Freimaurerloge Wien im Jahre 1974

Präambel:
Seit dem Jahre 1717 hat sich die Freimaurerei vielfältig entwickelt; welche Richtung aber freimaurerisches Bemühen auch immer einschlug, es blieb stets den Alten Pflichten der Anderson'sehen Konstitution unterworfen. Die Alten Pflichten sind nicht nur ein ehrwürdiges Dokument der Humanität, auf ihnen beruht auch alle freimaurerische Arbeit, die auf selbstständiges Denken und verantwortliches Handeln des Menschen zielt. - So stellen die Alten Pflichten heute das Bindeglied zwischen den verschiedenen Gruppen der Freimaurerei dar. Ihre Befolgung soll auch weiterhin verbindlich bleiben.
Aus den folgenden Gründen empfehlen wir unseren Brüdern die Annahme der zusätzlichen Neuen Pflichten.
Zur Zeit Andersons standen die Menschen unter so einem starken Zwang staatlicher und kirchlicher Mächte, dass die Äußerung freiheitlicher Gedanken gefährlich war. In den Alten Pflichten sind daher viele solcher Gedanken nur in versteckter Form enthalten. Wo heute die Möglichkeit zur freien Meinungsäußerung besteht, erscheint es geboten, den Sinn der Alten Pflichten deutlich auszusprechen.
Durch die inzwischen eingetretene gesellschaftliche Entwicklung haben viele Menschen neue Rechte erworben. Neuen Rechten müssen aber auch neue Pflichten gegenüberstehen, sofern eine menschenwürdige Ordnung gesichert sein soll.
Bisher war der Mensch vorwiegend durch die ihn umgebende Natur bedroht. In dem Maße, in dem der Mensch lernte, die ihm fremde Natur zu beherrschen, wurde seine eigene Natur zur größten Gefahr für das Überleben der Menschheit. So sind uns unter anderem die folgenden Bedrohungen erwachsen:
- Die Verschmutzung und Zerstörung unserer Umwelt
- Die Nahrungs- und Rohstoffknappheit, sowie der Energiemangel
- Die zur Zeit noch nicht beherrschbare Bevölkerungsexplosion
- Die zyklischen, nur teilweise regulierbaren Abläufe der ökonomischen, sozialen und psychischen Entwicklung
- Krasse Unterschiede im Niveau der ökonomischen Entwicklung und der technologischen Fähigkeiten, sowie der allgemeinen Bildung verschiedener Nationen
- Individual- und Gruppenegoismus
- Zunehmende Möglichkeiten zur Beeinflussung von Massen durch psychologische Werbemethoden und einseitige Information
- Zunehmende Schwierigkeiten der Kommunikation zwischen ideologisch fixierten und wissenschaftlich spezialisierten Menschen
- Das Fehlen verbindlicher Regeln für das Zusammenleben der Nationen
- Das Zurückbleiben der geistigen Entwicklung hinter der technischen
- Der Rüstungswettlauf zwischen Machtblöcken und die Gefahr der Anwendung von Massenvernichtungsmitteln
- Die zunehmende Resignation vieler Menschen, die fähig wären positive Beiträge zu leisten um diese und andere Gefahren, die jede für sich alleine schon unser Überleben bedroht, zu bannen, bedarf es einer baldigen, durchgreifenden Änderung in der Mentalität der Menschen unserer Zeit. Die Freimaurerei ist aufgerufen hier ihren Beitrag zu leisten, ähnlich wie sie es im 18. Jahrhundert getan hat. Nur wenn die Freimaurerei sich zu diesen Aufgaben bekennt, wird sie wieder wie damals die führende Rolle in der geistigen Entwicklung spielen können. Die "Neuen Pflichten" wurden aufgestellt, um die Bruderschaft auf diese neuen Aufgaben vorzubereiten.

I. Hauptstück
Von Gott und der Religion.
Die Freimaurerei ist keine Religionsgemeinschaft, vielmehr verfolgt die Freimaurerei ausschließlich weltliche Ziele. Religiöser Glaube soll daher Privatsache aller Brüder bleiben. Ihr sollt daher Eure neuen Brüder ohne Rücksicht darauf, ob sie sich zu einem persönlichen Gott bekennen oder nicht, in Eure Logen aufnehmen. Auch sollt Ihr mit anderen Logen als Bruderlogen zusammenarbeiten, gleichgültig, ob diese im Namen des ABaW arbeiten oder nicht.
Vielfach ist heute an Stelle der religiösen Orthodoxie eine ideologische Unduldsamkeit getreten. Da verschiedene ideologische Ansichten die Menschheit entzweien können, ist es Aufgabe der Logen eine Verständigung zwischen Anhängern verschiedener Weltanschauungen möglich zu machen. Seit jeher hat die Loge diese Aufgabe als Gesprächsgemeinschaft erfüllt.
Jeder Bruder hat das Recht sich religiös oder politisch zu engagieren, in der Loge hat er aber die Pflicht, die ehrliche Meinung seines Mitbruders zu respektieren, er soll sogar bei jeder Gelegenheit diese Meinung anhören und daran seine eigenen Ansichten prüfen. So sehr nun Religion und Weltanschauung Privatsache der Brüder sind, soll es Euch doch nicht gleichgültig sein, welche Folgerung ein Mensch aus seiner Religion oder aus seiner Ideologie zieht, vielmehr sollt Ihr darauf achten, ob diese Forderungen im Einklang mit dem Sittengesetz stehen, auch sollt Ihr Eure Toleranz nur solchen Menschen entgegenbringen, die selbst bereit sind Toleranz zu üben.
Jeder Freimaurer soll sich aber zu der Religion bekennen, in der alle Menschen übereinstimmen können, nämlich zur Bewunderung der Schöpfung, zur Ehrfurcht vor dem Leben und zur Achtung der freien Individualität des Menschen. Hieraus ergibt sich, dass Dir als Freimaurer der Frage nachgehen sollt, wie die Zerstörung der Natur durch den Menschen hintan gehalten werden kann und wie die physische und geistige Wohlfahrt des Menschen am besten zu fördern ist. Bei der immer schneller ablaufenden gesellschaftlichen und technischen Entwicklung unterliegt das Menschenbild einem ständigen Wandel. Es soll daher in der Loge Eure vornehmste Aufgabe bleiben, nach einer Antwort auf die Frage zu suchen: "Was muss man sein, um ein Mensch zu sein?"

II. Hauptstück.
Von der bürgerlichen Obrigkeit, der höchsten und der untergeordneten (über den Staat).
Im Verlauf der letzten zwei Jahrhunderte ist das Gedankengut der Freimaurerei in die Verfassungen zahlreicher Staaten eingegangen. Daraus ist zu ersehen, dass Freimaurer bewusste Staatsbürger sind, die sich für das Wohl der Mitbürger einsetzen und sich für alle Handlungen des Staates mitverantwortlich fühlen.Der Freimaurer steht seinem Staat loyal gegenüber, solange dieser die Würde des Menschenund  eine Rechte respektiert. Er lehnt jedoch jede Beschränkung ab, die eine Verständigungen Menschen untereinander behindert.Von den Gefahren, die heute der Menschheit drohen, können viele nur durch weltweiteMaßnahmen gebannt werden. Der Freimaurer wird sich daher dafür einsetzen, dass  erEinzelstaat dort, wo es zum Besten der Menschheit notwendig wird, nicht unbedingt auf seiner unbeschränkten Souveränität beharrt, sondern Kompetenzen an höhere, übernationale Organisationen abgibt.
Wo ein Staat von der Achtung der Menschenrechte abweicht und freie Meinungsäußerung unterdrückt, werden meist auch die Arbeiten der Logen verboten und die Brüder verfolgt. Die Arbeit der Freimaurer soll daher auf die Anerkennung der Menschenrechte in jeder Gemeinschaft zielen. Diese bedürfen in jedem Zeitalter einer eigenen Formulierung. Daher sollt Dir bemüht sein, sie immer wieder neu zu fassen und durchzusetzen. Alle Freimaurer sind verpflichtet, Menschen, die für die Menschenrechte eintreten, zu unterstützen und die Leiden der Verfolgten zu lindern.
Viele Staaten kennen keine Obrigkeit mehr, sondern nur noch die von freien Bürgern in die gesetzgebenden Versammlungen entsandten Vertreter. Diese und die Behörden dienen dem Staat und seinen Bürgern. Aufgabe der Freimaurer ist es, allen Staatsbürgern ihre Fälligkeit zur Mündigkeit bewusst  zu machen und ihre Verwirklichung zu fördern, damit sie von ihren Rechten weisen Gebrauch machen und ihre Pflichten erfüllen.
Zu diesen Pflichten gehört insbesondere die ständige kritische Auseinandersetzung mit allen Institutionen des Staates, um deren Missbrauch zu verhindern.

III. Hauptstück. 
Von den Logen.
Die Loge ist eine Gesprächsgemeinschaft, die sich mit den Problemen ihrer Zeit auseinandersetzt. Es ist nicht Zweck dieser Auseinandersetzung, absolute Lösungen zu finden, sondern die vielfachen Wurzeln der Probleme freizulegen, so dass jeder in seinem Lebensbereich diesen Problemen mit selbstständigem Denken und verantwortlichen Entscheidungen begegnen kann. Hierdurch sollen Freiheitsräume in der immer komplexer werdenden menschlichen Gesellschaft geschaffen werden.
Hierbei ist die Loge ein Modell der menschlichen Gesellschaft, in dem der Einzelne lernt in der Gruppe zu arbeiten. Die Gruppen aber lernen, wie sie im Rahmen eines übergeordneten Verbandes miteinander arbeiten können, ohne dass die Rechte einzelner Gruppen mehr als unbedingt notwendig eingeengt werden.
Wenn die Loge ihre Aufgabe erfüllt, dann wird der Einzelne gern Disziplin bewahren, um die Aufgaben der Gesamtheit zu fördern. Erfüllt die Großloge ihre Aufgaben, dann werden die einzelnen Logen bereit sein Kompetenzen an die Großloge abzutreten, um die Durchführung größerer Aufgaben zu ermöglichen.
Da die Loge eine Gesprächsgemeinschaft ist, sollen nur Brüder aufgenommen werden, die fähig und bereit sind, am Dialog teilzunehmen. Dieser verlangt von den Teilnehmern den guten Willen, eigenes Denken in Frage zu stellen und Vorurteile zu überwinden. So hilft die Loge dem Menschen, zu sich selbst zu finden und die Arbeit in der Loge führt die Brüder trotz der geforderten Disziplin zu einer wahren geistigen Freiheit, die der Einzelne allein nur schwer erringen kann.
Mit dieser geistigen Freiheit sind die jeweils wechselnden und historisch bedingten Anerkennungsverhältnisse, die die Freimaurerei in den letzten zwei Jahrhunderten gespalten haben unvereinbar. Ihr sollt daher jeden als Bruder ansehen, der sich zu den Alten Pflichten der Anderson'schen Konstitution bekennt. Ebenso sollt Ihr die Zusammenarbeit mit keiner Loge verweigern, die von 7 Brüdern, darunter 4 Meister gegründet wurde und die im Sinne der Alten Pflichten arbeitet.
Da in unserer Zeit die Frauen immer mehr gesellschaftliche Verantwortung tragen und auch hinsichtlich ihrer Bildung den Männern nicht mehr nachstehen, haben sich einige Logen entschlossen, auch Frauen aufzunehmen. Dies steht im Gegensatz zum Wortlaut der Anderson'schen Konstitution: Es kann heute schwer entschieden werden, wie weit es durch den Wandel der gesellschaftlichen Struktur gerechtfertigt ist, von dem Grundsatz, wonach die Freimaurerei ein Männerbund ist, abzugehen. Daher sollt Ihr die Erfahrungen der gemischten Logen sorgfältig prüfen und Euch nicht weigern mit gemischten Logen zusammenzuarbeiten. Keinesfalls darf die Frage der Aufnahme von Frauen Ursache einer weiteren Spaltung des Bundes werden.

IV. Hauptstück.
Von den Meistern, Aufsehern, Gesellen und Lehrlingen.
Alle Macht in der Loge geht von den Brüdern aus.
Der Stuhlmeister ist der Repräsentant der Loge, er hat die Aufgabe, den Willen der Loge durchzusetzen und die Ausführung der Logenbeschlüsse zu überwachen. Er verteilt die Arbeit in der Loge an die Brüder gemäß ihrer Fähigkeiten. Er sorgt für die Disziplin in der Loge, die zum Gelingen der Arbeit der Freimaurer erforderlich ist.
Alle Macht in der Großloge geht von den Logen aus.
Der Großmeister ist der Repräsentant der Großloge, er hat die Aufgabe, den Willen der Großloge durchzusetzen und die Ausführung der Beschlüsse der Großloge zu überwachen. Er hat dafür zu sorgen, dass die Arbeiten in den einzelnen Logen sinnvoll das gemeinsame Bauwerk der Freimaurer fördern. Er teilt den Logen die Arbeit zu, doch nur in dem Ausmaße, dass hierdurch die selbstgewählten Arbeitsvorhaben der Loge nicht behindert werden.
Wer ist der Bauherr der Freimaurer? Es ist die menschliche Gesellschaft, der sich alle
Freimaurer verpflichtet fühlen.
Wer ist Lehrling? Der sich selbst, seine eigenen Fähigkeiten und Grenzen erkennen lernt, um
reif zu werden, als Geselle in der Gruppe zu arbeiten.
Wer ist Geselle? Der lernt, in der Gruppe zu arbeiten, um fähig zu werden, als Meister einmal
die Arbeit einer Gruppe zu leiten.
Wer ist Meister? Der schöpferisch an der Arbeit der Loge mitwirkt.
So bleibt Ihr auch als Meister Euer ganzes Leben lang Lehrlinge und Gesellen und die drei
Grade der Freimaurerei unterscheiden sich nicht durch höhere Rechte, sondern nur durch
höhere Pflichten.

V. Hauptstück.
Von dem Verhalten der Zunft bei der Arbeit.
In der Loge sollt Ihr frei von den Bedrängnissen des Alltags die Sammlung finden, um unvoreingenommen und gemeinsam mit Euren Brüdern die wichtigen Fragen Eurer Gegenwart und Eurer Gesellschaft zu behandeln. - Die Deckung der Loge erlaubt Euch, Eure Ansichten ohne Rücksicht auf profane Bindungen zu äußern, die Bruderschaft wird immer bereit sein, sich mit Euren Meinungen zu befassen.
Die von Euch geforderte Selbsterkenntnis und Selbstbeherrschung soll Euch in die Lage setzen, diszipliniert an der Logenarbeit teilzunehmen, denn nur wenn die behauenen Steine gut aneinander passen, kann ein vollkommenes Bauwerk gelingen.
Woran arbeiten die Freimaurer? Sie wollen ein Gebäude der Menschlichkeit errichten. Sie wollen erkennen, was ihre Zeit von ihnen verlangt, um dann im profanen Leben als geistig freie Menschen wirken zu können. Euer Verhalten in der Loge soll vom Ernst dieser Aufgabe bestimmt sein. Die ehrwürdigen Traditionen der Freimaurerei sollen Euch Ansporn und Verpflichtung sein. So sollt Ihr die Tradition pflegen, Bewährtes beibehalten, aber Euch nicht hemmen lassen, an der weiteren Entwicklung der Freimaurerei zu arbeiten. Ihr sollt das Ritual der Freimaurer vor Profanierung schützen, es aber ständig auf Sinngehalt und Aussagekraft >überprüfen und den Anforderungen Eurer Zeit anpassen. Doch soll dadurch nie die Kette mit Brüdern, die mit Euch leben und die vor Euch gelebt haben, zerrissen werden.
Niemand ist berechtigt, im Namen der ganzen Freimaurerei an die Öffentlichkeit zu treten. Im Namen einzelner Logen oder Großlogen dürft Ihr nur an die Öffentlichkeit treten, wenn Euch die Loge oder Großloge ausdrücklich hierzu ermächtigt hat. In der Regel werden die Freimaurer nicht als Loge und Großloge, sondern durch das Verhalten der einzelnen Brüder auf die Öffentlichkeit einwirken.

VI. Hauptstück.
Von dem Betragen.
Das VI. Hauptstück und der Schluss der Alten Pflichten behandeln Euer Verhalten innerhalb und außerhalb der Loge hinlänglich.
Wir wollen hier nur hinzufügen, dass Euer ganzes Leben hindurch Euer Tun und Lassen von der Arbeit in der Loge bestimmt sein soll, um allen Brüdern brüderlich und allen Menschen menschlich zu begegnen.
(Bemerkung: Da zum Zeitpunkt der Abfassung dieses Textes die Unabhängige Freimaurerloge Wien als reine Männerloge organisiert war, enthält der Text nur männliche Formulierungen. Mittlerweile gelten sie selbstverständlich vollinhaltlich in der männlichen und weiblichen Form)