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Indolenz – sind wir Freimaurer davor gefeit?

Nun, wer hat sich darauf vorbereitet, den Begriff Indolenz in Erfahrung zu bringen, bevor er/sie sich heute zum BS niederlässt. (Anregung zur Wortmeldung)

Na, so zahlreich und vorallem zielgerichtet war die Vorbereitung der Einzelnen wohl nicht?

Damit könnte das BS eigentlich schon abgeschlossen werden, da die Verifikation gelungen ist.

FM sind vor Indolenz NICHT gefeiht.

Zumindest der lateinische Wortstamm (hier sogar –stämme) hätten im Stowasser „gegoogelt“ werden können und dann zu folgender Erhellung geführt:

Dolus,-us, der Vorsatz, oder in seiner „schlampigen“ Verneinung ‑ der In-Dolus ‑, als Vorsatzlosigkeit oder besser vielleicht Antriebslosigkeit,

Indolentia, ae ist die Schmerzfreiheit, Schmerzlosigkeit, schlicht auch Gleichgültigkeit oder wie der Wiener sagt: schmerzbefreit; hiezu noch wienerisch tiefer und wörtlich von Alfred Dorfer entlehnt:

…“ für den Buddhisten gibt es Jing und Jang, für den Wiener gibt es noch einen Bereich in der Mitte: WURSCHT“ ….

Nun, wenn auch das Folgende beinahe als eine „Spätlese“ meiner letzten 18 FM-Jahre durchgehen könnte, so soll es aber über eine Reflexion hinausgehen und vor allem auch ein Weckruf werden.

Womit wurde ich zur FM geködert?

Gedanken abseits vom Mainstream zu entwickeln, Pluralismus statt schwarz/weiß zu Gesellschafts- und Tagesthemen entwickeln, Zusammenhalt/Verschworenheit einer Gruppe, die sich auf einander verlassen kann, auch (oder obwohl) sie differenzierten soziologischen Ursprungs ist.

Mut und Zivilcourage im Innen wie im Außen, Persönlichkeitsentwicklung vor allem durch die Macht der Sprache und Rhetorik, dies alles mit gestärktem Rücken in das profane Leben getragen und umgesetzt usw. usw.usw.

In allen Ritualen steht dies wortwörtlich im Vordergrund, sodass die 3 Stufen zur Meisterschaft und die darin enthaltenen Gelöbnisse von mir leicht leistbar waren, ebenso das rituelle Erleben und ‑ über mehrere Jahre als Stuhlmeister – die Leitung dieser Mantren.

Nun, was habe ich vorgefunden?

Für die Jungen unter uns mag dies nun schockierend klingen, aber vielleicht lehrreich und ausreichend abschreckend, für die Abgestumpften und Verdränger unter uns einen Weckruf, um ein „bis repedita non placent“ (Wiederholungen gefallen nicht) allzeit vor Augen zu haben:

Erkenne Dich selbst, Beherrsche Dich selbst, Veredle Dich selbst!

Erkenne Dich selbst (und erschrick nicht) war ein Buch von Br. Andi Salcher; hier habe ich niemanden erschrecken sehen ……. und das ist eigentlich nicht gut so.

Nach einer gewissen Zeit der Eingewöhnung und des Innehaltens wurde versucht, sich vereinzelten Gruppen anzuschließen, die mehr oder weniger ähnlich waren, wie man selbst; Selbstbestäubung oder Selbstbetäubung war wichtiger als Selbstreflektion.

Diese Selbstreflektion ist aber Kern der Entwicklungsstufen;

mehr noch: ein Aufruf zur Selbsterkenntnis.

Hierbei ist der Aussen-, wie auch der Innensicht des Logenlebens gleichwertige Bedeutung zu schenken.

Im Aussen werden die Menschen insgesamt klüger. Die Welt schaut, mit allen Schwächen, besser aus als vor hundert Jahren, aber der große Kampf heißt heute Aufklärung gegen Fundamentalismus. Der aufgeklärte Mensch, der zweifelnde Mensch, entwickelt sich weiter und sorgt Stück für Stück dafür, dass die Welt besser wird.

In unseren heiligen „liberalen“ Hallen, in denen die edle Sprache zunehmend verloren geht, glauben einige, dem Fundamentalismus bzw. Dogmen die Stirne zu bieten (bzw. bieten zu müssen), schütten dabei aber den Pragmatismus gleich mit dem Bade aus.

Die FM ist und war nie fundamentalistisch oder dogmatisch, denn sie steht nicht für die Geisteshaltung oder Überzeugung einer sozialen Bewegung, die ihre inhaltliche Grundlage als einzig wahres Fundament annimmt.

Sie soll gerade eben keine letztbegründende Auslegung anbieten.

Der Pragmatismus, der die Wahrheit seiner Theorie am praktischen Erfolg misst, ist durch pragmatisches Handeln nicht an unveränderliche Prinzipien gebunden; er erfährt durch die Rituale der FM einen Korridor, auf dessen Wände lediglich Parolen gesprayt sind, die einen nicht vergessen lassen sollen, wohin man eigentlich wollte.

Der Liberalismus ist hier nur als Schmiermittel zu denken, der das Durchschreiten des Lebenskorridors geschmeidiger gestaltet; kurz dazu ein greifbares Beispiel:

Dass wir ‑ Frauen wie Männer ‑ in der Loge zusammenarbeiten, hat mit den zu erreichenden, gemeinsamen Entwicklungszielen am Ende des Korridors überhaupt nichts zu tun; die Überwindung der Ausgrenzungsdenke, die keiner Logik standhält, war deshalb von liberalen Kräften initiiert und überdies pragmatisch, da – im Sinne der Graffiti auf den Korridor-Wänden – völlig unbedenklich.

Was damit erfolgreich bekämpft wurde, war der falsche FM Fundamentalismus, der sich hinter Deutungen wie „regulär“ und „irregulär“ verbirgt. Dieser aber konnte auf diese Strömungen ex substantivo keine Antwort haben.

Das Selbstverständnis (oder Selbsterkenntnis im Aussen) kann und darf also nicht darin liegen, das Trennende zu suchen, um sich dann selbstherrlich einen pseudointellektuellen Neuanstrich zu verpassen, sondern das Einigende (sprich: dieselbe Graffiti auf den Wänden des Korridors), bis auf weiteres als Grundkonsens zu respektieren.

So, nun steht aber unsere liberale FM breitbeinig und mit verschränkten Händen da; erklärt wie ein trotziges Kind, den Brei nicht kosten zu wollen, ja nicht einmal das jahrhundertealte Kochrezept lesen zu wollen, sondern von Grund auf alles neu zu erfinden.

Um in der Methaper von oben zu bleiben, wir lesen und verstehen die Graffiti im Korridor gar nicht, übermalen sie inhaltslos und schenken dem Ende des Tunnels und damit dem Licht keine Aufmerksamkeit mehr.

Denn der Feind der Selbsterkenntnis – die Eitelkeit – hat längst (und hier sage ich bewusst) fundamental von unserem Denken Platz gegriffen; glaubt denn wirklich einer von Euch er sei etwas Besseres, weil er Teil dieses Freundeskreises ist, der mittlerweile beliebig mit Kaffee- und Kuchenkränzchen ersetzt werden könnte?

Ist es wirklich das neue Mantra, „……. das besprechen wir dann bei der WT oder an der Bar…….“,

dem wir die diskursive Entwicklung unserer Potentiale opfern wollen?

Nun, wo sollte es hingehen?

Ihr seht, ich komme langsam zur Selbsterkenntnis im Inneren, die eng verwoben ist mit der Erkenntnis, ob man von den richtigen Freunden umgeben ist. „…. Zeige mir Deine Freunde und ich sage Dir wer Du bist …..“; ein altes Mantra, dass der Jesuit Baltasar Gracian zu Beginn des 17Jh in seiner Schrift: „Handorakel, (oder) die Kunst der Weltklugheit“ noch differenzierter beschreibt bzw. von Br. Salcher interpretiert wird:

Entkomme der Automatik solcher Freundschaften. Liefere dich nicht völlig dem Zufall aus. Suche die richtigen Freunde. Er sagt aber auch (sinngemäß, Anm.): „Das Wirkliche im Leben ist die Tugend, die Selbstverwirklichung, wo du dich auch um andere kümmerst. Eben in der Rolle des Mentors. Aber wenn du mit oberflächlichen Menschen zusammen bist, kannst du das Potenzial zum Nobelpreisträger haben, du wirst es nicht!“

Sogar wissenschaftliche Studien belegen: Wer die richtigen Freunde hat, lebt länger. Das ist nicht banal. Gracián hat eine klare Antwort dazu: Du sollst mit Menschen zusammen sein, zu denen du aufschaust und von denen du lernen kannst. Um dich weiterzuentwickeln. Wenn dich ein Mensch eher hinunterzieht, soll man die Kraft haben, sich im Guten, das ist wichtig, von ihm zu trennen

Wir Gründungsmeister der Loge Logos hatten genau dies vor Augen, als wir uns vor acht Jahren von Freunden aus der Loge GE getrennt hatten und ein gemeinsames „Mission Statement“ verfasst und vorgetragen haben. Wir vermeinten, dass uns die Eitelkeit dieser Freunde den Blick auf das Wesentliche, hier das Ziel am Ende des Korridors, verstellen würde.

Vergesst nie, dass dies die Basis sein sollte, wie WIR fortan mit uns umgehen und Ziele erreichen wollen, aber Hand aufs Herz: wem von Euch war damals die Reichweite des „Mission Statement“ bewusst oder kann sich gar noch daran erinnern?

Warum nun gerade die Eitelkeit?

„Die Eitelkeit ist die Furcht, original zu erscheinen, also ein Mangel an Stolz, aber nicht notwendig ein Mangel an Originalität“ schreibt Nietzsche und fügt andernorts sinngemäß hinzu: „Man muss sich also eingestehen, dass die eitlen Menschen nicht nur Anderen gefallen wollen, sondern viel mehr sich selbst, und dass sie sogar so weit gehen, ihren Vorteil dabei zu vernachlässigen; denn es liegt ihnen oft daran, ihre Mitmenschen ungünstig, feindlich, neidisch, also schädlich gegen sich zu stimmen, nur um die Freude an sich selber, den Selbstgenuss, zu haben.“

Am Anfang unserer Neuausrichtung stand vielleicht das Wort, der Logos, aber die Realität unseres unmittelbaren Umfelds zeigte uns, wie grenzlos naiv wir die Sache begonnen hatten.

(und hier wiederhole ich bewusst Nietzsches vorheriges Zitat noch einmal ganz langsam): denn es liegt ihnen oft daran, ihre Mitmenschen ungünstig, feindlich, neidisch, also schädlich gegen sich zu stimmen, nur um die Freude an sich selber, den Selbstgenuss, zu haben.“

Unter dem Mantel der Liberalität wurde profane Frechheit und ehrenrühriges Verhalten als freie Meinungsäußerung und zu akzeptierende Fehler unter Geschwister bzw. eben Freunden missdeutet; all das, um bloß nicht selbst Stellung beziehen zu müssen oder gar ins Kreuzfeuer zu gelangen.

Unsere (aber auch die der Anderen) Eitelkeit war die die Verkennung unseres äußeren Umfelds.

Die Feigheit tat ihr Übriges.

ABER, das „… Wurscht …“ war die Verkennung unseres inneren Umfelds.

Der BR wird das schon regeln, wir vertrauen deren Stärke, erbosen uns im Geheimen, halten sonst aber die Klappe; und mit den gemeinsamen Feinden vor Augen wird unsere Loge schon im Innen geeint und gestärkt hervorgehen. Hier der zweite Irrtum, der aus derselben Indolenz generiert wurde.

Wenn ich mein Sein delegiere, ist es so, wie den Mantel an der Garderobe abgeben.

Nun, jetzt sind die „Feinde“ außerhalb der Loge nicht mehr da. Dies haben wir aber nicht unserem Heldenmut und unserer Ethik zu verdanken, sondern der Selbstauflösung.

Im wirklich Inneren ist der Fortschritt nämlich auch erlahmt.

Dazu wieder ein kleiner Merksatz von Gracián: „Die Person soll immer wichtiger als das Amt sein, soll das Amt übertreffen. Bei vielen unserer Politiker hat man das Gefühl, sie haben überhaupt nur einen Stellenwert, weil sie das Amt haben. Es fehlt ihnen das Anliegen. Die brennende Leidenschaft.“

Und dies führt mich zum großen Brennen für die gemeinsame Sache:

Recht beiläufig werden Ämter angenommen, die seit Urzeiten in der Reihenfolge 1.A bis MvSt rotieren, da sie auch eine innere Gewahrwerdung der jeweiligen Erfahrungs- und Entwicklungsstufen beinhalten.

Die Realität ist aber: ……. „na gut, dann mach ich’s halt…“ gefolgt von einem laschen Händeheben; ähnlich wird die Verantwortung bei der Weiterentwicklung der Rituale oder Hausgesetze, der Ausbildung von Lehrlingen und Gesellen, bei Meldungen zu und Durchführung von Suchendengesprächen, der Verantwortung, ob immer Speis und Trank da ist, die Miete bezahlt wird oder gar der Bedienung der Musikanlage: „…… wurscht, …. wird’s / soll’s halt ein anderer machen!“

Großspurig wird mehr an Wissen und Lernen im Kreise eingefordert, aber eigene Beiträge, ja auch ein Perfektionierung der Analyse- und Gesprächskultur wird ‑ wie im Profanen ‑ sträflich vernachlässigt.

Erziehung ist Lehren, ewiges Lernen ist Voraussetzung für die FM. D.h. Erziehung erleben und zu akzeptieren ist die Grundvoraussetzung für ewiges Lernen.

Welcher Tempelbau kann entstehen, wenn der Lehrling es schon bei Betreten der Baustelle besser weiß, als der planende Meister, der durch lebenslangen Versuch und Irrtum zu dem wurde, was er ist?

In keinem Beruf würde der Praktikant sich trauen, Vorgaben des Werkstattleiters laufend zu hinterfragen, in keinem Beruf würde der Werkstattleiter jeden Augenblick erklären müssen, warum die Prozesse so und so ablaufen; nur in unserer ‑ vielleicht auch pseudoliberalen ‑ FM ist das möglich?

Es war bis vor ein paar Jahren ein großes Mühsal, aus diesem Kleingartenverein in der Hofburg eine halbwegs funktionierende Gemeinschaft zu zimmern, die auch international Respekt genießt. Organisationsstruktur, Finanz- und Budgetrichtlinien zu erarbeiten, sowie einen halbwegs brauchbaren Führungskader zu installieren.

Wie erleben dies unsere Mitglieder: ….. wurscht …. Obödienz und Weltenbund, was ist das? Hauptsache alle rundherum funktioniert, ja selbst das Interesse am Wie und Was wird delegiert und in noch schlimmeren Fällen, ignoriert. Wie sollen Weiterentwicklung und „….. in die Fußstapfen treten“ funktionieren, wenn die Nachfolgenden nicht einmal das bestehende Rüstzeug beherrschen wollen?

Wie kann das Geheimnis der FM ergründet werden, wenn ich zu indolent bin, mich mit den Wurzeln und Zielen zu beschäftigen?

Hier muss ich noch in einen Exkurs eintauchen, der symptomatisch für die herrschende Tempelkultur im Umgang mit durchaus wichtigen Themen ist:

Die Diskussion, was für ein „Buch“ am Altar zu erliegen kommen sollte. Denn dies ist eben nicht wurscht. Ob Gilgamesch Epos, ob Tanach, Altes oder Neues Testament, ob Koran oder Bhagavadgītā oder viele mehr. Diese sind eben keine weißen Bücher… und warum nicht?

Weil ein weißes Buch den ewigen Kampf der Menschheit gegen ein schier allgegenwärtiges Schicksal nicht abbilden kann. Und darum geht es hier: um Sammlungen von Erfahrungen und Vorgehensweisen gegen immer wiederkehrende Probleme oder das Erkenntnissuchen der Menschheit.

Unabhängig davon, ob ein Einzelner an das Schicksal glaubt oder nicht, so wird er in seinem gesamten Leben mit der Frage konfrontiert, ob er vor einer Wegegabelung nach links oder rechts geht, ob die eine oder andere Entscheidung zu einer anderen Lösung geführt hätte, diese Entscheidung ihn zu einem glücklicheren oder erfolgreicheren Menschen gemacht hätte oder nicht.

Nur der uneinsichtigste Mensch überantwortet sein Los letztlich nur dem Schicksal, weil er sein eigenes Scheitern nicht eingestehen will. In Folge wird er religiös, delegiert sich an eine höhere Macht und hört zu denken auf.

Nun wird das nicht singulär erlebt, sondern in Gemeinschaft und es ergeht jedem so.

D.h. das Zusammenleben um diesen inneren Konflikt herum, bedarf des Austausches von verprobten Erfahrungen, die sich letztlich – im jüdisch christlichen Weltenraum – in den 10. Geboten manifestierten, welche sich im Übrigen durch alle vorzitierten Schriften ziehen und in der Erklärung der Menschenrechte vollinhaltlich (mit geringfügigen Erweiterungen) wiederum Einzug gehalten haben.

Zur Wissensbildung: 620 v. Chr. wurden Moses‘ 10 Gebote sogar auf 613 Gebote (MIsrot), eigentlich Rechtsfälle ausgeweitet, da der Regelungs- und Machtwahn des Priesterkönigs Joschija dies verlangte; nur 30 Jahre später, in die babylonische Gefangenschaft konnte niemand dieses Regelwerk mitnehmen, also wurde mündlich und auswendig tradiert, was aber abermals beim Succus der 10. Gebote ausreichend Entsprechung fand.

Diese Regeln stellten sohin unabhängig vom Glauben an Schicksal, Gottheiten oder ähnliches das minimale Rüstzeug dar, an dem jede Entscheidung des Individuums zu verproben war. Wurde jede individuelle Entscheidung eines jeden Einzelnen in der Gemeinschaft an diesen Regeln gemessen und danach gelebt, war wenigstens das fast perfekte Zusammenleben dem Schicksal entzogen.

Alle anderen Geschichten die in vorgenannte Schriften Einzug hielten, waren nur mehr Beschreibungen von „richtigen“ oder „falschen“ Lösungsansätzen von und für Lebenssituationen, die sich über Jahrtausende und bis heute wiederholen, weil sich der Mensch in seinem Sein, Werden und Streben nie geändert hat.

Egal, ob es sich um die Grundregeln des Zusammenlebens ‑ u.a. abgebildet in den 10. Geboten ‑ oder um die subjektiven Irrungen des Individuums handelt, die aus Hochmut, Habgier, Genusssucht, Zorn, Selbstsucht, Missgunst oder Ignoranz, Unglück über die Mitmenschen bringen, all dies sind verkürzte Lehr- und Lernsätze, die in Erziehung und Bildung ihren festen Platz einnehmen müssen, damit das tägliche Handeln und Denken einen festen und unverbrüchlichen Rahmen erhält.

Wie Ihr sicher wisst, begründete gerade der Kampf mit dem Schicksal die griechische Tragödie, in der der „schuldlos schuldige“ Protagonist auftrat und seine Verstrickungen und vergeblichen Lösungsansätze mit dem Publikum teilte. Das Publikum sollte daraus seine eigenen Matrizen ziehen.

Ähnlich „vorbildwirklich“ verhielten sich die Lehr- und Lernsätze, die das Schicksal im Zaume halten sollten. Die Symbolik dieser Bücher in der FM haben also mit Religion per se überhaupt nichts zu tun.

In einer vor-gesetz-gebenden Zeit – und abgesehen von der griechischen Tragödie ‑ hatten sich halt ausschließlich die Religionen dieser Themen vordringlich und leider auch aus Machtstreben angenommen.

Dieses Geheimnis der unverbrüchlichen Grundsätze des Zusammenlebens haben die ersten FM in die Alten Pflichten gegossen, abgewichen sind sie aber nicht, denn sie haben Ewiggültiges erkannt.

Wenn in vorbeschriebener Weise teleologisch und analytisch an das Thema „Buch am Altar“ herangegangen wird, können pluralistisch natürlich viele Diskussionsergebnisse hervorkommen, aber ein stammtischreflexartiges „Muss einfach weg, weil ich an keinen Gott glaube!“ wird auf intellektueller Ebene nicht rauskommen.

Das ist eben nicht dogmatisch, sondern pragmatisch, denn dieser Kenntnis und Akzeptanz als Basis lag und liegt der Auftrag der und an die FM zugrunde, Neues entstehen zu lassen und sonstigen Denkverboten, die sich in religiösen oder absolutistischen Systemen und heutigen WOKE-Bewegungen eingeschlichen haben, eine Absage zu erteilen.

Dies ist ein weiteres, einfaches Geheimnis der FM und diese Merk- bzw. Erinnerungssätze finden sich u.a. in den Ritualtexten (Anm.: Graffiti an den Wänden des Korridors..).

Vielleicht ein kleines, praktisches Beispiel oder besser gesagt eine sokratische Erzählung, an der wir unser Denken, genauer gesagt unser Sprechen im Tempel ausrichten sollen, wenn wir es geschafft haben, das profane Leben im Saal der verlorenen Schritte zu lassen:

Eines Tages kam einer zu Sokrates und war voller Aufregung.
„He, Sokrates, hast du das gehört, was dein Freund getan hat? Das muss ich dir gleich erzählen.“
„Moment mal“, unterbrach ihn der Weise. „hast du das, was du mir sagen willst, durch die drei Siebe gesiebt?“
„Drei Siebe?“ fragte der Andere voller Verwunderung.
„Ja, mein Lieber, drei Siebe. Lass sehen, ob das, was du mir zu sagen hast, durch die drei Siebe hindurchgeht.

Das erste Sieb ist die Wahrheit. Hast du alles, was du mir erzählen willst, geprüft, ob es wahr ist?“
„Nein, ich hörte es irgendwo und . . .“
„So, so! Aber sicher hast du es mit dem zweiten Sieb geprüft. Es ist das Sieb der Güte. Ist das, was du mir erzählen willst – wenn es schon nicht als wahr erwiesen ist -, so doch wenigstens gut?“
Zögernd sagte der andere: „Nein, das nicht, im Gegenteil . . .“
„Aha!“ unterbrach Sokrates. „So lass uns auch das dritte Sieb noch anwenden und lass uns fragen, ob es notwendig ist, mir das zu erzählen, was dich erregt?“
„Notwendig nun gerade nicht . . .“

„Also“, lächelte der Weise, „wenn das, was du mir das erzählen willst, weder erwiesenermaßen wahr, noch gut, noch notwendig ist, so lass es begraben sein und belaste dich und mich nicht damit!“

So und durch viele andere Siebe sollte unsere Rede im Tempel führen; keine Belastung für die Anderen darstellen, sondern getragen vom Bemühen, Weisheit zu verbreiten und zu erfahren.

Der Tempel ist der Ort, verdichtete Erfahrungen auszutauschen!

Nur dies – und nichts anderes ‑ hat hier herinnen etwas zu suchen; keine Befindlichkeit, kein Gelabbere, keine selbstherrliche Provokation, Höflichkeit ja, aber keine Falschheit; mit Sarastro aus Mozart’s Zauberflöte:

„in diesen heiligen Hallen kennt man die Lüge nicht!

Nochmals: Der Tempel ist der Ort, verdichtete Erfahrungen auszutauschen!

Generell – und nun schließe ich schon bald, um Handkes „Publikumsbeschimpfung“ nicht an die Spitze zu treiben – sollten wir ‑ als ersten Schritt gegen die vorhandene Indolenz  und als Lösungsansatz – die Selbstbetrachtung von Neuem beginnen und perfektionieren.

Der Lehrling schaut in sich, der Geselle um sich und der Meister über sich.

Das Meister-Sein ist vll. eine der größten Irrungen der gegenwärtigen FM; viele meinen, nun hätte das Streben ein Ende, vielmehr – wenn wir uns bei der Nase nehmen – hat kaum jemand von uns seine Selbstbetrachtung abgeschlossen, ja manche noch nicht einmal begonnen.

Das Um-Sich schauen erschöpft sich in Höflichkeitsfloskeln und unangebrachten Rücksichtnahmen, das Über-Sich / Weit vorausschauende Planen wird an irgendwelche vermeintliche Vereinsmeier (oder unermüdliche Murmeltiere) delegiert.

Für mich ist ein Suchender auch nur jemand, der sich ehrlich auf die Suche nach sich selbst gemacht hat und – wenn ihm im gewohnten profanen Umfeld die Ehrlichkeit fehlt –

ggfls. Gruppierungen, wie die FM findet.

Trotz mühsam, gemeinsam, anschaulich und umfänglich erarbeiteten Suchendenleitfäden erfahre ich nach präsentierten Interviews noch immer, dass die Interviewer tlw. weder von ihrer Existenz gewusst haben noch dass sie wussten, wie bedeutsam diese Richtlinien und Herleitungen für die Gruppe sind; dies obwohl es dazu Arbeitsgruppen gegeben hat …. oder, hat sich gar hierfür schon wieder niemand interessiert?

Hier sei Marcus Aurelius mit seinen „Selbstbetrachtungen“ (am Besten eine alte Kröner-Ausgabe) als Lektüre empfohlen; er formulierte – ausschließlich für sich selbst und fast täglich ‑ aus der Reflexion seiner Gedanken und seines Handelns, eigene Gebote, an denen er seine Entwicklung maß.

Für ihn wurden 2 Tugenden besonders wichtig: innere Gelassenheit bzw. Unaufgeregtheit und Pflichterfüllung bzw. Disziplin. Später kamen die Forderungen nach Menschlichkeit und Gerechtigkeit dazu.

Das Gegenteil von Gelassenheit sah er in Aufgeregtheit und Nervosität, ein Zustand in dem man im äußersten Fall nicht mehr Herr seiner selbst ist; Gelassenheit bewahrt einen, zu schnell zu entscheiden und dabei Fehler zu begehen und ist somit Voraussetzung, auf die Stimme der Vernunft hören zu können und seinen Pflichten qualifiziert nachzukommen.

Eklektisch wie ich bin – und daher immer auf der Suche nach Schriften, die mich weiterbringen – kann man auch in Bezug auf das heutige Baustück nicht an Immanuel Kant vorbeigehen; hier vielleicht am Traktat „Zum ewigen Frieden“ aus 1795.

Kant erkennt hierin, dass moralisches Handeln auf Vernunft gegründet sein muss und stellt – unabhängig von und 1000 Jahre nach Marcus Aurelius – auch einen Zusammenhang mit (sittlicher) Pflicht her: „Habe Mut, Dich Deines eigenen Verstandes zu bedienen“ Selbst denken! Sich an die Stelle jedes anderen denken! Jederzeit mit sich einstimmig denken! Darin sieht er die kardinale Notwendigkeit für sein Handeln.

Wer an einer vernunftgetragenen Überzeugung festhält, wird nicht nachlassen in dem Bemühen, sein Handeln danach auszurichten, dass es zur Maxime allgemeinen Handelns werden kann. Diesem, seinem „kategorischen Imperativ“ geht moralische Reflexion und Selbsterforschung voraus, denn ein verantwortlich Handelnder muss im Vorfeld alle Folgen seiner Handlung berücksichtigen.

Denn diese Folgen eines Handelns, die wir nicht wollen, begrenzen oder behindern uns künftig selbst.

Und hier kommt – wie auch schon bei Marcus Aurelius ‑ der für Kant so wichtige Begriff der Pflicht ins Spiel; Pflicht ist für ihn die Notwendigkeit einer Handlung aus Achtung für das Gesetz; also eine weder durch Eigeninteresse noch durch Opportunismus verzerrte Pflichtauffassung.

Seine Pflichten zu erkennen und Aufklärung zu leben, sah er darin, sich mit Eifer und Mut aus der selbstverschuldeten Unmündigkeit zu befreien und „von seinem Verstand und seiner Vernunft in allen Stücken öffentlichen Gebrauch zu machen“.

Er bringt hier ein durchaus tagesaktuelles, politisches Beispiel:

„Der moralische Politiker handelt nach den Geboten der Vernunft, und zwar so, dass die Prinzipien der Staatsklugheit stets mit der Moral im Einklang stehen. Der politische Moralist hingegen handelt nach dem Nützlichkeitsprinzip und ordnet die Moral der Politik unter“.

Nun, ebenso verhält es sich mit der Maurerei:

Die „Arbeitsphase“ im 1. Grad wird oftmals mit einer Selbstfindungsphase verwechselt und dem Austausch von Befindlichkeiten gewidmet. Wir sind aber keine gruppentherapeutischer Sitzungs-Licht-Kreis, der die „Aufstellungen“ der Anderen abarbeitet; hier gibt es genug profane Angebote und es muss diese Phase bereits vor Stellung eines Ansuchens abgeschlossen sein.

Wir sind dagegen hier herinnen, vordringlich und immerwährend angehalten, ethische Reflexion, Analyse und Selbsterforschung zu betreiben; ggflls. laufend eigene Selbstbetrachtungen und nur für uns selbst zu schreiben und daraus innere Gebote zu entwickeln und – so sie den sokratischen Sieben standhalten ‑ diese mit einander auszutauschen.

Aus dieser Selbstbetrachtungsphase des 1. Grades kommen wir nie heraus.

Selbstbetäubung hat hier keinen Platz und Nutzen.

Der 2. Grad nunmehr ist die Verprobung in unserer Gemeinschaft. Ähnlich wie in einer Familie, die einem im Grunde nie etwas Böses will, ist nun dieses „Menschenprodukt“ des 1. Grades in seiner ehrlichen Erkenntnis und Entwicklung der Gemeinschaft überantwortet und wird – wie es dem Ritual zu entnehmen ist – „Zurufen“ ausgesetzt werden.

Diese können, liebevoll oder harsch sein, verbal oder nonverbal, aber immer sollten sie als Rückmeldung und nicht als Beleidigung aufgefasst werden, denn sie dienen der eigenen Weiterentwicklung. Wer die soziologischen Mechanismen dieses freimaurerischen Um-Sich-Schauens nicht versteht oder nicht erträgt, der hat seine Entwicklung im 1. Grad noch lange nicht begonnen oder gar abgeschlossen; auch hat sich ihm dann das in diesen beiden Graden präsentierte „Geheimnis der FM“ überhaupt nicht erschlossen.

Es ist nämlich genau das Wesen dieser hermetischen Gesellschaft, gemeinsam zu werden und zu wirken, ohne jedwege Nachteile fürchten oder erleiden zu müssen.

Selbstbestäubung hat hier keinen Platz und Nutzen.

Den 3. Grad nun sollte nur derjenige suchen, dem dieses Grundverständnis der beiden ersten Grade in Mark und Bein übergegangen ist; der auch Willens ist, Über-Sich, das heißt für alle, vernunftgegründet Voraus-zu-schauen, Handlungen und Lehr- und Lernziele zu setzen.

D.h. die Gracian’sche Rolle des Mentors wahrzunehmen, aber immer in der Interaktion mit seiner Vorentwicklung verbleibend. Ein ewiger Kreislauf eben.

Eitelkeit hat hier keinen Platz und Nutzen.

Wem all dies nicht erschließbar, zu mühsam oder gar ….. wurscht ….. ist, kann weder zu seiner, noch zur gedeihlichen Entwicklung des Bundes beitragen und wird nie das Licht am Ende des eingangs erwähnten Korridors sehen. Denn die FM ist eben kein Kleingartenverein.

Ich habe gesprochen!