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Wie erhalte ich meine Psyche gesund?

„Wie erhalte ich meine Psyche gesund?“ Diese Frage hat in letzter Zeit an Bedeutung gewonnen. Die Zahl der psychischen Erkrankungen ist im letzten Jahr angestiegen, immer mehr Menschen klagen über Müdigkeit, Überlastung, Mangel an Energie und Antrieb und generell an Lebensfreude.

Ein wesentlicher Auslöser dafür ist neben den äußerlichen Einschränkungen durch die Maßnahmen gegen die Ausbreitung der Pandemie die Grundhaltung der meisten, die dafür zuständig sind: sie verbreiten Angst. Diese gehört mit Trauer, Interesse, Freude und Wut zu den von Luc Ciompi beschriebenen Grundaffekten des Menschen. Da jeder dieser Affekte mit bestimmten unterschiedlichen hormonalen Ausschüttungen verbunden ist und diese im ganzen Körper verteilt werden, wirken sie auch direkt auf die Funktionsweise des Gehirns. Wir denken anders, unsere Logik funktioniert anders, und das wirkt wiederum auf unsere Wahrnehmung, unser Fühlen und unser Verhalten.

Hauptziel der Angstlogik ist das Sichern des Überlebens, und zwar im Augenblick. Jede Wahrnehmung wird unter dem Aspekt, ob bedrohlich oder nicht in Blitzesschnelle klassifiziert. Im Denken kommt zwar schon bald auch die Überlegung, auch längerfristig für Sicherheit zu sorgen. Das erklärt die anfänglichen Hamsterkäufe. In Deutschland war es Klopapier, in Finnland gab es bald keine Erbsensuppe in Dosen, in Frankreich waren Kondome ausverkauft.

Jedoch mental bleibt unser Körper noch immer auf kurzfristiges Überleben ausgerichtet, und die langfristigen Systeme bleiben reduziert bis ausgeschaltet. Das betrifft besonders das Immunsystem. Die Wirtschaft meldet einen gravierenden Anstieg der Krankenstände, auch unabhängig von Covid.

Die innere Kraft zur Erhaltung der Gesundheit heißt Resilienz. Diese ruht auf vier Säulen:

  • Körperliche Resilienz
  • Geistige Resilienz
  • Seelisch-emotionale Resilienz
  • Soziale Resilienz

Für jede dieser Säulen sollten wir jeden Tag etwas tun – das Minimum sind fünf Minuten pro Säule.

  • Körperliche Resilienz: die Älteren unter uns erinnern sich noch an einen Sportmoderator im Fernsehen namens Kurt Jeschko. Am Ende jeder Sendung hob er die rechte Hand und machte eine einfache Übung: er schloss sie zur Faust, dann spreizte er die Finger und so weiter. Ihm fehlte der linke Arm, wir können diese Übung also mit beiden Händen machen.
    Ich habe in meiner Wohnung an einer Tür ein Theraband – ein physiotherapeutisches Gummiband – befestigt. Jedes Mal, wenn ich vorbeigehe, bleibe ich kurz stehen und ziehe 10mal nach links und 10mal nach rechts.

  • Geistige Resilienz: unser Gehirn ist wie ein Muskel darauf angewiesen, regelmäßig trainiert zu werden. Ob ich mich mit philosophischen Fragen, Poesie oder Kreuzworträtseln geistig fit halte ist Geschmackssache. Abwechslung tut gut. Auch das Verfassen eines solchen Referats kann ich wärmstens empfehlen!

  • Seelisch-emotionale Resilienz: wir brauchen auch jeden Tag einen Impuls für unsere Seele. Das ist am einfachsten über Emotionen. Ob ich Gelegenheit habe, mit einem lieben Menschen Zeit zu verbringen oder ein Tier halte und streichle, oder ob ich Bilder oder Briefe oder Andenken an liebe Menschen und schöne Erlebnisse betrachte und so diese Erlebnisse in mir wieder zum Leben erwecke – die Seele kann sowohl alte wie neue Emotionen gleichermaßen genießen.
    Eine wichtige Lektion habe ich in diesem Zusammenhang erst kürzlich gelernt. Gedanken an liebe Menschen, die nicht mehr da sind, kommen immer wieder, und das ist einfach so. Doch ich kann entscheiden, ob ich sie freundlich vorübergehen lasse oder festhalte. Und wenn ich sie festhalte, kann ich nochmals entscheiden, ob ich sie zum Anlass nehme, mir wegen des Nicht-mehr-Habens leid zu tun oder für das Gehabt-Haben-Dürfen dankbar zu sein. Und: all das ist legitim und in Ordnung, am besten mal so und mal so. Hauptsache, ich bin mir bewusst, dass ich entscheiden kann.


In diesen Bereich zählt auch unsere Sprache – egal ob gedacht oder ausgesprochen. Nehmen wir eine einfache Situation: wir sind irgendwo unterwegs und jemand drängt sich vor – sei das Autobahn oder Supermarktkassa. Die Bezeichnungen für diese Menschen sind selten freundlich, werden im Auto häufiger laut ausgesprochen als im Supermarkt. Uns ist nicht bewusst, dass solche Begriffe direkt auf unseren eigenen psychischen Zustand rückwirken und Stresshormone ausschütten, die bis zu 40 Minuten lang in unserem Blut nachweisbar und in unserem Körper wirksam sind.

Eine Bekannte von mir hat hier einen anderen Umgang erfunden. Sie saß im Auto und kam in die Situation, in der einige laut gebrüllte „Kosenamen“ für einen anderen Autofahrer schon auf ihrer Zunge lagen, als ihr gerade noch einfiel, dass hinten im Auto ihre zwei Kinder im „Papageienalter“ – wo sie alles nachplappern und hundertmal wiederholen, was sie hören – saßen. Da sie einerseits jetzt nicht stundenlang diese „Kosenamen“ hören wollte andererseits doch geplatzt wäre, wenn sie nichts gesagt hätte, platzte es aus ihr heraus: „Faszinierend!“ Und als von hinten im Duett der Kinderstimmen „Faszinierend, faszinierend, faszinieren!“ ertönte, musste sie herzhaft lachen. Mich erinnert dieser Begriff zusätzlich an die Serie „Raumschiff Enterprise“ und den Vulkanier Mr. Spock, der die Menschen und ihr Verhalten auch „Faszinierend!“ fand.

  • Soziale Resilienz: dieser Bereich hat im vergangenen Jahr am sichtbarsten gelitten. Man durfte nicht in trauter Geselligkeit mit anderen Menschen beisammensitzen, größere Gruppen waren sofort Hotspots und gefährlich. Die Begegnungen im Internet waren und sind leider ein sehr dürftiger Ersatz. Man sieht einander, aber man spürt einander nicht, man ist weder im realen noch im übertragenen Sinn berührt. Da entsteht bei einigen eine große Sehnsucht. Interessant ist, dass auch das Gegenteil zu beobachten ist. Manche Menschen haben sich so an den Ausnahmezustand gewöhnt, dass sie ihr Essen noch immer abholen, statt im Restaurant zu essen. Hier gilt es, bei aller Vorsicht eigenverantwortlich die sozialen Kontakte wieder zu aktivieren und einander real zu begegnen.

Doch das wichtigste Mittel zur Erhaltung der psychischen Gesundheit ist der Humor. Ob man dem alten Spruch folgt: „Lachen ist die beste Medizin!“ oder der wissenschaftlichen Erkenntnis, dass Lachen das Immunsystem aktiviert und stärkt: alles spricht dafür, nach Gelegenheiten zu suchen, die uns ein herzhaftes Lachen ermöglichen. Es gibt jede Menge humoristische Literatur, auf youtube gibt es unzählige Videos alter und neuer Kabarettist*innen, auch wenn Lukas Resetarits schon vor Jahrzehnten befürchtete, die Politiker könnten den Kabarettisten die Show stehlen.

Es kommt immer auf unseren eigenen Blickwinkel und unsere eigene Haltung an, oder wie ein Amerikaner sagte: „Wenn dir das Leben Zitronen gibt, mach Limonade daraus!“

Zum Abschluss lade ich Euch ein, zunächst mit mir die Jeschko-Übung zu machen:

JESCHKO-ÜBUNG

Danke für Eure Beteiligung! Statt oder zusätzlich zu einer Diskussion fände ich es großartig, wenn wer immer mag, ihren*seinen Lieblingswitz erzählte.