Meine Motivation,
dieses Baustück für heute zu halten, war primär eine Sorge, und zwar die Sorge,
dass es im Lauf der Zeit seine ursprüngliche
Bedeutung einbüßen könnte oder sich sein Stellenwert in unserer gemeinsamen
obödienziellen Tradition abschwächen könnte.
Doch
dann fragte ich mich: haben wir überhaupt – in Bezug auf das Sommerjohannisfest
– eine bestimmte Tradition in unserer Obödienz?
Welchen
Wert hat das Sommerjohannisfest für jeden Einzelnen von uns?
Aufgrund
der angesagten Hitze für den heutigen Abend habe ich dieses Baustück ein wenig
verkürzt und dann in kleinere Teile gegliedert, und zwar in bewusst in 5 Teile,
die uns – wie die 5 Blütenblätter der Rosen – den Abend versüßen sollen.
Wir feiern heute unser gemeinsames Sommerjohannisfest.
Doch was
feiern wir überhaupt?
LL1:
„Heute feiern wir den Geburtstag von Johannes dem Täufer. Der
Heilige Johannes ist der Schutzpatron der Freimaurer. Mit seiner überlieferten
Lebensweise gilt er als Vorbild an Tugend, Demut, und Bescheidenheit. Er gilt
als Wegbereiter zu einem höheren Leben… Johannes der Täufer war schon der
Schutzpatron der alten Steinmetze, und nach ihm haben wir auch die
Johannislogen benannt, die drei Grade der Freimaurerei.“
Ich:
Aber wollen wir heute überhaupt noch einen Schutzpatron haben?
Uns an diesem Tage noch so sehr auf jenen Heiligen beziehen, der den nahenden
Messias, das Reich Gottes ankündigte? Ist das eigentlich noch zeitgemäß in der
Zeit der Glaubenskrisen, der Kirchenaustritte, im Kreise der vielen Agnostiker
und Atheisten? Der Droit Humain hat
in Berufung auf seinen Laizismus seine Johannisfeste schon umbenannt in „Sommersolstitium
und Wintersolstitium“, und in Deutschland heißt dieses Fest heute meist einfach
das „Rosenfest“…
LL2:
„ Die
Denkströmungen, die die Freimaurerei beeinflusst haben, reichen viel weiter
zurück – der heutige Festtag gehört zu den ältesten Festbräuchen der Menschheit.
Denn schon vor dem Entstehen des Christentums wurde der Tag des höchsten
Sonnenstandes gefeiert, und schon die ägyptischen Hochkulturen berechneten die
Sonnenwende auf die Zeit zwischen den 21. und den 24. Juni.“
Ich:
Am Tag
der Sommersonnenwende steht auf der Nordhalbkugel der Erde die Sonne senkrecht
über dem so genannten Wendekreis der Erde. Das ist meist am 21. Juni der Fall.
Aber der Ehrentag des Johannes des Täufers ist am 24. Juni! Das ist ja nicht
derselbe Tag?
LL3:
Nach der Christianisierung hat die Kirche lange versucht,
die „heidnische Tradition des großen Feierns der Sonnenwende“ abzuschaffen,
aber alle Versuche scheiterten. Gleichzeitig war nach dem julianischen Kalender
das antike Datum der Sonnenwende sowieso die Zeit zwischen dem 22. und 24.
Juni. Als die Kirche den Gedenktag für Johannes den Täufer auf dieses Datum
legte, hat sie heidnische Gebräuche wie
z.B. das Anzünden der Feuer einfach übernommen und so durften diese Gebräuche
auch im Christentum beibehalten werden.
Johannes’ Geburtstag ist natürlich nicht zufällig gewählt:
er war als genau 6 Monate älter als Jesus. Er ist es ja, der das Erscheinen von
Jesus ankündigt und ihn auch tauft. Ein Satz in der Bibel von Johannes ist hier
besonders richtungsweisend (Johannes 3,Vers 30 ): Als er im Hinblick auf die
Ankündigung Jesu sagte, Jesus müsse wachsen, er aber – Johannes – müsse abnehmen.
Dies stellt eine weitere Analogie zur
den Sonnenstunden des Tages her, die ab diesem Tage wieder abnehmen.
Nochmal LL1 :
Wir feiern heute den Tag des längsten Licht und des
kürzesten Schattens. Es ist HOCHMITTAG des Jahres. Heute und hier steht die
Sonne besonders nah bei uns, das Licht leuchtet heller und länger als sonst und
dadurch ist dieser Tag für uns besonders.
Denn: Wir Freimaurer sind Suchende nach dem Licht.
Was dem Auge das Licht ist, ist dem Geist die Wahrheit.
Nochmal LL2:
Dieser besondere Tag hat in der freimaurerischen Geschichte
schon viele besondere Feiern erlebt. So wurde der Überlieferung nach genau am
24. Juni vor 302 Jahren die erste Großloge in England gegründet, und damit gilt
dieser Tag als das offizielle Gründungsdatum der heutigen Freimaurerei.
Und nicht zu vergessen: am 24. Juni vor 12 Jahren wurde auch
unsere Großloge gegründet.
Mein
heutiges Baustück heißt: Sommerjohannisfest. Werte und Symbolik.
Ich
habe Euch eingangs schon nach dem Wert gefragt, den das Sommerjohannisfest für
Euch hat. Diese Frage muss nun jeder für sich selbst beantworten – wie alle
Fragen, die sich uns im Verlauf unserer maurerischen Entwicklung stellen. Zusammen
aber sollten wir nachdenken, was unsere gemeinsame Tradition zum Sommer- und
auch zum Winterjohannisfest ausmachen soll, bzw.: Wollen wir als Obödienz überhaupt
eine gemeinsame Tradition haben?
So komme ich nun meinem ERSTEN Blütenblatt:
Die
TRADITION
Die Freimaurerei
bietet uns im Ritual Elemente aus verschiedenen spirituellen und
philosophischen Systemen an. Jeder Einzelne kann diese Angebote für sich selbst
annehmen, muss aber nicht. Hier ist Platz für sämtliche spirituelle oder
weltanschauliche Sichtweisen. Jeder und jede ist anders, alle sind verschieden,
und doch sind wir unserer masonischen Auffassung nach vereint – durch unsere Toleranz.
Und wie wir
am Bau des Tempels arbeiten, so arbeiten wir eben auch an dieser Toleranz: im
Akzeptieren des Andersseins, der anderen Weltanschauung, der unterschiedlichen
Ansichten – auch über ganz profane Dinge wie Reinigungskräfte, etc.
Genau
diese gedankliche Freizügigkeit ermöglicht uns jenen Prozess des gegenseitigen
Achtens und Verstehens, der uns in der Kette die Hände reichen lässt und uns zu
einer Geschwisterkette eint.
Doch
mit den vielen Möglichkeiten, den individuellen Freiheiten entsteht auch ein Pluralitätsdilemma:
wenn wir dem Anderen seine Werte lassen und akzeptieren, so müssen auch wir uns
immer wieder aufraffen, uns auf einen gemeinschaftlichen Konsens, auf GEMEINSAME
WERTE, einigen.
TEIL 2: WERTE
Zurück
zum meinem Thema: Was bedeuten uns die jährlich immer wiederkehrende Feste wie Sommer-
und auch Winterjohannis? Was bedeuten uns überhaupt noch Feste, die wir selbst
nicht festlegen, die quasi „vorgegeben“ sind, zu feiern – und dann auch den
Geburtstag eines Heiligen? Letztendlich gelten in der katholischen Kirche nur 3
Geburtstage als feierwürdig, und zwar Jesus, Maria und Johannes. Aber müssen
wir sie auch feiern, ob wir wollen oder nicht?
Um
Weihnachten kommt keiner herum – jedenfalls in der westlichen Welt, was immer
es für einen selbst bedeuten mag. So hat der heutige Wert für die meisten Menschen
unserer westlichen Welt nun eine andere Bedeutung als die ursprüngliche
bekommen. Und doch wird zumindest der Geburtstag Jesu wohl auf immer ein
Feiertag bleiben, nicht zuletzt, um das wirtschaftlich einträgliche Weihnachtsgeschäft
nicht zu verderben. Doch die anderen christlichen Geburtstagsfeste? Entspricht
die Tradition des Feierns des Geburtstag von Johannes überhaupt noch dem
Lebensgefühl und dem Selbstverständnis der modernen Freimaurerei?
Die Entwicklung
der spekulativen Freimaurerei ist in Bezug auf ihre Haltung zur Religion
insofern einheitlich, als dass jedem Einzelnen überlassen wird, wie er zur
Religion steht. In den Alten Pflichten wurde lediglich der Glaube an ein „Supreme being“ gefordert. Später dann
haben einige Großlogen zunächst den „ABAW“ aus ihrem Ritual gestrichen, zunächst
der Großorient von Frankreich, der seit dem Konvent von 1877 seinen Logen
freistellte, ob sie diese Formel führen wollte. Bekanntlich brach die Großloge
von England darauf die Beziehungen zum Grand Orient ab , und später haben sich
andere Großlogen noch weiter von den
christlichen Ursprüngen distanziert.
Auch den
Logenentscheidungen unserer LGL gingen intensive Diskussionen voraus, ob wir
nun als erstes „Großes Licht“ die Bibel beibehalten, ein weißes Buch auflegen
oder die Menschenrechte aufschlagen. Wenn wir uns für die Bibel entschieden
haben, so schlagen wir sie natürlich beim Beginn des Johannisevangeliums auf: „Im
Anfang war das Wort, ….“.
In
unserem kulturellen Selbstverständnis wurden wir und werden wir von der Bibel
beeinflusst, auch wenn immer weniger Menschen der westlichen Welt an der
Religion, in der sie in unserer Generation meist noch hineingeboren wurden,
noch etwas liegt.
Doch gerade
wir als LGL, die wir das Glück haben, nicht von einer anderen, übergeordneten
Großloge abhängig zu sein, haben die Freiheit, diese Verhältnisse unabhängig,
selbst definieren zu können.
Aber sollen
wir die Jahrhunderte alte Namens-Tradition einfach so verlassen? Das
Sommerjohannisfest umbenennen, in Rosenfest oder Sommersolstitium?
Hierzu
muss man erst einmal überlegen, was die Tradition in der Freimaurerei
eigentlich ausmacht.
Das
Wesentliche, das alle Logen der Welt Verbindende, ist unser Ritual. Unser Ritual
und unsere Symbolik stellen die gemeinsame Basis aller Freimaurer dar und
überwinden selbst die unterschiedlichen Sprachen.
TEIL 3: DAS RITUAL
Unser
Ritualablauf und unsere eigenen Bewegungen im Tempel sind untrennbar mit der
Ordnung des Kosmos verbunden.
Denn
so wie die Sonne im Kosmos ihrem Lauf folgt, so bestimmt ihr Lauf das Jahr,
unser Arbeitsjahr. Die Sonne teilt das masonische Jahr in ein Anschwellen und
Abfallen seines Standes, in ein Stirb und Werde. In den meisten Logen ist die
Zeit des Sommerjohannis das Ende des Arbeitsjahres. In der kleineren Einheit
teilt sie unsere Arbeitszeit ein: in die Zeit zwischen Hochmittag und Hochmitternacht.
Am heutigen Tag steht uns das LICHT DER SONNE am nächsten. Auch daher ist
dieses Fest, das wir heute feiern, so besonders.
Das
Ritual enthält Erfahrungen und Erkenntnisse, die bis auf die Weisheiten der
Mysterien-Bünde des Altertums zurückreichen. Jedem Schritt, jedem Wort,
jedem Gegenstand ist eine bestimmte Bedeutung bzw. Symbolik zugeordnet.
Mit dem Überschreiten der Schwelle beim Eintreten in den Tempel
begeben wir uns in einen Ort jenseits von Zeit und Raum, der durch verschiedene Kunstgriffe
quasi magisch transformiert wird und dadurch den masonischen Kosmos symbolisiert.
Denn in diesem Raum werden
die Himmelsrichtungen virtuell belegt, eine virtuelle Zeitrechnung eingeführt und
dadurch eine veränderte Realität erschaffen. Der Meister vom Stuhl sitzt im
Osten und symbolisiert das Licht, die aufgehende Sonne. Wir treten in den
Tempel und orientieren uns nach ihm, nach dem Licht, nach dem Osten. Daher
kommt das Wort ORIENTieren – wir beschreiten quasi „den Pfad zum Licht“. Wir
„streben aus der Nacht der Unwissenheit zum Licht der Erkenntnis“. Damit ist sowohl die individuelle
Entwicklung des Lehrlings zum Meister gemeint als auch unsere gemeinsame
Entwicklung während des Ritualablaufes. Hierbei umschreiten wir die Mitte im Sonnenlauf.
Unser Tempel ist von einer Ordnung durchströmt, die nach
Osten ausgerichtet ist, dort, wo der MvSt seinen Platz hat, und die Bewegungen im Kosmos
sind (annähernd) kreisförmig. Der Kreis ist das Symbol des Ewigen, mit seiner unendlichen
Peripherie, und in das Unendliche im Kreis
wird eine endliche Peripherie hineinkonstruiert. Indem wir den Kreis
rechtwinklig beschreiten, bekommen wir die Endlichkeit in der Unendlichkeit, vielleicht nicht die unmögliche Quadratur
des Kreises, aber doch eine Annäherung zweier durch den Verstand allein
nicht zu vereinbarenden Formen.
In
diesem Spannungsfeld der Dualität beschreiten wir mittels Gefühl, Herz und
Verstand die vermeintliche Irrationalität, und wir erleben dadurch letztendlich
tief in uns selbst eine Bewegung.
Unser
Ritual hat einen immer gleichen Aufbau: zunächst hat es die Aufgabe der
Einstimmung der Teilnehmer und der Installierung des oben beschriebenen
symbolischen Raumes, dann kommt es zum zentralen Geschehen und danach erfolgt
wieder die Auflösung des symbolischen Raumes und der rituelle Schluss.
Dieses
Ritual erleben wir in sich immer wiederholender Weise, in
alter Ordnung, aus alter Tradition heraus. Das Ritual entfaltet durch dieses Sich-Nicht-Verändern
und durch seine Wiederholungen seine Kraft und Wirkung.
Das
Ritual und sein Ablauf haben sich seit Jahrhunderten bewährt. Gerade in der
schnelllebigen modernen Zeit stellt
dieser Gleichklang des Rituals einen wichtigen harmonisierenden und
stabilisierenden Faktor dar, und deshalb entfaltet dieses alte Ritual, gerade
in der heutigen Zeit, noch immer seine Wirkung.
Besonders,
indem es nicht nur den Verstand, sondern auch unser Herz anspricht. Manche
Großlogen haben ein eigenes Ritual oder besondere Symbole für die
Johannisfeste.
Indem
wir uns in diese unsere Ritual versenken, entsteht die starke Wechselwirkung der
Symbolik mit unserer Psyche, und jeder hat trotz derselben Symbole und
desselben Rituals sein ureigenes Erlebnis. Somit ist die Tradition für uns meiner
Meinung nach nicht entwicklungshemmend, sondern sogar bestärkend. Mehr noch: Ich
zitiere das Internationale Freimaurerlexikon (Lennhoff, Posner et.al.): “Tradition
ist die Voraussetzung jeglicher kulturellen Entwicklung, jeglichen Fortschritts“{…}. Und
weiter: „Tradition ist eine besondere, vom Gemeinschaftsleben produzierte Art von
Wahrheit, die alles Gemeinsame, das, was
wert sei, eine Generation zu überleben, selektioniere und durch seine
Konservierung die Stetigkeit des kollektiven Geschehens sichere.“
Der
Name des Johannisfestes spiegelt eine lange Tradition wider.
Ist er
es uns als LGL wert, weiter erhalten zu bleiben?
Noch
einmal zurück zur Zeitmäßigkeit der freimaurerischen
Tradition allgemein. Diese liegt ja auch darin begründet, dass sie sowohl jene tiefen
Menschheitsfragen, wie die nach dem Sinn des Lebens und des Sterbens, aufgreift,
als auch unsere ureigene persönliche Entwicklung anstößt.
Dasselbe
gilt auch für die freimaurerischen Symbole, die den Grundstein unserer
gemeinsamen Verständigung darstellen.
TEIL 4: DAS SYMBOL
Symbolik
bestimmt unser Leben, in der Freimaurerei wie im Profanen, im Bewussten und im
Unbewussten, ob nun gewollt oder ungewollt, geliebt oder sogar verachtet – wir
kommen an Symbolen nicht vorbei.
Doch
die Symbole waren vorher schon da, vor der Freimaurerei, entweder in der Menschheitsgeschichte
belegt oder als Variationen desselben Themas, Deutungen derselben Symbolik. Der
Urgrund dieser Symbole war schon in uns, noch bevor wir der Freimaurerei
beitraten. Es sind letztlich nur die zugeordneten Metaphern, auf die wir uns
neu eingestimmt haben, wie z.B. die der Steinmetzwerkzeuge oder die Handlungen,
die eine Sinnübertragung erlangt haben, wie das Bilden der Kette (als Weiterentwicklung
vom Sich- die-Hand im Kreise zu reichen). Der Inhalt des Symbols beruht auf
einer „unserer Psyche immanenten archetypischen Entsprechung“ (C.G. Jung).
Das
Symbol an sich ist uns a priori verständlich, so wie auch Jung seine
archetypischen Symbolik versteht: denn jeder weiß mit dem Symbol des Herzes, der
Schlange oder auch der Figur der Jungfrau oder der bösen Hexe etwas anzufangen.
Und doch…, hat ja jede und jeder von
uns sein individuelles „Erfahrungswissen“, das durch die eigene Aufnahmefähigkeit
und das persönliche Erinnerungsvermögen gebildet wird; jede und jeder hat sein
eigenes „Erkenntniswissen“, das beschränkt ist durch das eigene Denkvermögen und
– nicht zu vergessen – durch die eigene Einsichtigkeit.
Durch
dieses Unterschiedliche Erfahrungswissen und unterschiedliche Erkenntniswissen brauchen
wir Brücken, die uns verbinden und Brücken, die die Außenwelt mit unseren
individuellen Innenwelten verbinden.
Diese
entstehen durch das Symbol.
Durch
seine Anschaulichkeit, durch das sich selbst Erklärende des Symbols, eröffnet es
uns innere Welten, die uns ohne Symbol vielleicht verschlossen geblieben wären.
Direkter noch ausgedrückt ist dies im Int. FM Lexikon, wo steht: „Der freimaurerische
Bund besteht auf so breiter Grundlage und vereint so viele geistige
Entwicklungsstufen, dass das Symbol auch ein Mittel zum Zweck ist.“
Nehmen
wir nur mal das Symbol der Kette: Es wirkt sowohl als Bild als auch als Handlung.
So ist nicht nur die Vorstellung des Zusammenhangs gleichartiger Glieder
gemeint, sondern auch das ungestörte harmonische geistige Zusammenwirken der
einzelnen Mitglieder in der Kette (frei nach Helmuth Reinalter). Und seine
Wirkung ist tief, ein Symbol ist, Zitat Reinalter: „Verhüllung und Offenbarung
zugleich“. Für die Wirkung eines Symbols im engeren Sinn ist es nicht wichtig,
dass es „verstanden wird“, es muss demzufolge auch nicht „erklärt“ werden, es
genügt, wieder Zitat Reinalter „sich mit ihnen immer wieder zu beschäftigen und
über sie nachzudenken“.
Das
Symbol schafft also eine Atmosphäre der Gleichartigkeit des Denkens.
Dadurch
beruht das Symbol eben gerade nicht auf einem Basiskonsens und es gibt -entgegen
der Meinung vieler Logengeschwister – in der Freimaurerei keine Instanz, die
festlegt, was durch die Symbolik in ihrer spezifischen Auslegung in der Freimaurerei
nun vermittelt werden soll. Auch dadurch wird verständlich, warum Freimaurerei
absolut undogmatisch ist. Und dadurch wird auch jede Einzelne und jeder
Einzelne von uns anders an die Grundfragen unseres Seins herangeführt: nicht
verbal, sondern in einer Art „Verinnerlichung“.
TEIL 5: DAS SYMBOL der Rose
Das
wichtigste Symbol des heutigen Johannisfestes ist die Rose.
Die Rose gilt
seit Urzeiten als Sinnbild der Liebe und der Schönheit, der Freude –
die Königin aller
Blumen.
In Ägypten und
Griechenland war die Rose auch Symbol der Verschwiegenheit. Das mit der Rose Geschmückte
– sub rosa – musste Geheimnis
bleiben.
Die Römer legten
sie bei ihren Totenfesten, den Rosalien,
auf ihre Gräber.
Bei den Griechen
wurde die Rose Attribut der Aphrodite, Symbol der Schönheit und der Liebe; die Bauleute
des Mittelalters schmückten den Bau als
Zeichen der Vollkommenheit mit einer Rose aus Erz und Stein“ (Int. FM-Lexikon).
Seit jeher
entfaltet auch die Symbolik des Vergänglichem, die auch in der Rose steckt, eine
fast mystische Faszination.
Die Rose stellt
mit ihrer Knospe, mit der in voller Blüte stehenden Blume und dem Verwelken
den Wandel und Wechsel des Lebens dar, und sie weist uns damit auf unsere eigene Vergänglichkeit hin.
So ist für uns
die Rose ein Symbol der Wandlung, nämlich der Sehnsucht des Menschen nach einem
höheren Leben. Schon in den alten Initiationsriten wie z.B.
der Isis-Weihe,
ist durch die magische Kraft der Rose eine mögliche Neugeburt aus dem
halbtierischen in das menschliche Dasein beschrieben.
Als Freimaurer
begleiten uns Rosen ein ganzes Leben
lang. Von der Aufnahme, über Sommer-Johannisfeste und als letzten Gruß auf den Sarg gelegt.
Ihre Farben sind weiß, rosa und rot. Es ist die Bedeutung der drei Rosen als
Licht, Leben und Liebe, die wir weiter geben. Manche von unseren Geschwistern
tragen noch Schurze, auf denen Rosen abgebildet sind, und wir als Großloge haben
die drei freimaurerischen Rosen auch auf der Rückseite unseres Bijous abgebildet.
Wie die anderen
Symbole entfaltet auch die Rose bei jedem von uns eine besondere Wirkung. Meine
persönliche, „meine Rosen-Faszination“, ist die der Vereinigung von
Gegensätzlichem:
- die Härte des Stammes versus die Zartheit der Blütenblätter
- die Farben grün und rot
- die Empfindsamkeit einer Einzelnen – im Gegensatz zur Wehrhaftigkeit als Hecke
- die gefährlichen Stacheln im Gegensatz zum süßen Duft
Aber gerade diese
Vereinigung der Gegensätze macht die Rose so besonders.
Rilke hat sich für
seinen Grabstein folgende wunderschöne Zeilen ausgedacht:
Rose,
oh reiner Widerspruch,
Lust, niemandes
Schlaf
zu sein unter so viel Lidern.
Heute, zur Zeit
der Sommersonnenwende des Johannisfestes, steht die Rose jedenfalls in voller
Blüte. So, wie die Rose als wichtigstes Symbol des heutigen Tages so viele Gegensätze
in sich vereint, hat sie auch als Symbol die Kraft, uns alle, die wir zum Teil
sehr gegensätzliche Individuen sind, zu einem zusammengehörigen Ganzen zu
vereinen.
Aus dieser Bedeutung heraus möchte ich euch heute beim Verlassen des Tempels, gemeinsam mit dem Bruder Erster Aufseher, symbolisch jedem eine Rose überreichen, eine Johannisrose, ganz im Sinne der ALTEN TRADITION.