Alle Beiträge von Ernesto Sch.

Pius IX., Dogma und FM


Ernesto S. / LOGOS 14.12.6023

Wie kommt ein junger Meister zu so einem, eher außergewöhnlichen, exotischen Thema für
ein Baustück?
Nun, die Idee dazu entstand am Nachmittag vor meiner Erhebung, als mich unsere Sr∴ Erna
durch die Kaisergruft geführt hat und ich ihr eine alte Geschichte erzählte. Die Geschichte
hatte mir ein katholischer Pfarrer vor fast 40 Jahren erzählt, und ebendieser Pfarrer hat
später meine Frau und mich getraut. Kürzlich habe ich unseren Hochzeitsfilm angesehen
und habe geschmunzelt, als Pfarrer Holzer über ein kleines Hoppala meines Bruders am
Altar lachen musste. Übrigens war unsere Sr∴ Erna bei meiner Hochzeit dabei und hat eine
Fürbitte für uns gelesen.
Die Geschichte handelte von Papst Pius IX. und thematisierte die unbefleckte Empfängnis
Mariens, und der Zufall will es, dass gerade vor 6 Tagen das kirchliche Fest der
unbefleckten Empfängnis Mariens am 8. Dezember gefeiert wurde und wir hier genau in 6
Tagen ein Ritual im Rahmen unserer diesjährigen Winterjohannis feiern, welches in seiner –
damals, im Jahr 1874- revolutionären Motivation, Wirkungen der Handlungen von Papst Pius
IX. enthält.
Eine kleine Zahlenspielerei für die Freunde von Zahlen, wie ich eben einer bin.
Der Titel des Baustücks umfasst drei Themen:
– die FM, die zu Zeiten des italienischen Risorgimento im 19. JH
eine bedeutende Rolle spielte;
– Dogma, eine verbindliche, normative Glaubensaussage, von denen wir
in der FM sagen, dass wir keine haben und daher adogmatisch sind;
– und Papst Pius IX., dessen Einfluss auf unser modernes abendländisches
Leben – wie ich im Zuge der Recherchen für dieses BS bemerkt habe –
größer war als der vieler seiner Vorgänger und Nachfolger auf dem Papstthron, und
dessen Wirkung bis heute spürbar ist.
Alle gewählten Musikstücke haben einen zeitlichen oder sachlichen Bezug zum Leben
dieses Papstes – bspw. ihre Uraufführung an bedeutenden Jahren in seinem Leben (das
erste Salieri-Stück aus dem Jahr 1792, dem Geburtsjahr Pius IX., oder der Radetzky-Marsch
aus 1848, dem Jahr, an welchem er vor den Revolutionären Republikanern aus Rom
flüchten musste oder beim Auszug ein Auszug aus dem Nabucco-Gefangenenchor Verdis,
dem höchsten Werk des Risorgimento, d.h. der sog. Wiederauferstehung Italiens).
Papst Pius IX., geboren als Graf Giovanni Maria Mastai-Ferretti, war von 1846 bis 1878 das
Oberhaupt der katholischen Kirche und ist damit der am Längsten amtierende Papst der
Geschichte, abgesehen von Petrus, welcher nach der Legende 37 Jahre gedient hat und
den Stuhl Petri überhaupt begründet hat. Pius‘ Pontifikat war nicht nur von politischen
Herausforderungen wie der italienischen Einigungsbewegung des 19. Jahrhunderts geprägt,
sondern auch von bedeutenden theologischen Entwicklungen. Dazu gehörte die
Verkündigung von Dogmen, die einen nachhaltigen Einfluss auf die katholische Lehre und
so auf die mehrheitlich katholischen Länder hatten. Er hatte jedoch viel Kontakt, Konflikt und
auch Wirkung mit und auf die FM.

Die Wurzeln des Risorgimento lassen sich auf die zersplitterte politische Landschaft Italiens
im frühen 19. Jahrhundert zurückverfolgen. Die italienische Halbinsel war durch die Existenz
zahlreicher unabhängiger Staaten gekennzeichnet, von denen jeder seinen eigenen
Herrscher und sein eigenes Verwaltungssystem hatte, viele davon abhängig von äußeren
Mächten wie Österreich oder Frankreich. Der Wiener Kongress von 1815, der die Landkarte
Europas nach den Napoleonischen Kriegen neugestaltete, hielt den Status quo der
italienischen Uneinigkeit aufrecht und säte den Samen für steigende Unzufriedenheit und
Bestrebungen nach nationaler Einheit.
Das Erbe der Antike prägte das historische -wenn man so will, erste- Italien (daher eben Ri-
sorgimento = Wiederauferstehung).
Das Römische Reich, mit seinem Zentrum in Rom, erstreckte sich über weite Teile Europas,
Nordafrikas und des Nahen Ostens. Rom, als kulturelles, politisches und wirtschaftliches
Zentrum, prägte die Region nachhaltig. Die römische Rechtsprechung, Architektur und Kunst
schufen ein Erbe, das bis heute im modernen Italien maßgeblich ist.
Mit dem Zusammenbruch des Römischen Reiches im 5. Jahrhundert begann in Italien eine
Phase fragmentierter Herrschaft. Stadtstaaten wie Venedig und Padua sowie der
Kirchenstaat erblühten in der Renaissance, einer Epoche kultureller Blüte, die von
herausragenden Künstlern wie Leonardo da Vinci und Michelangelo Buonarotti geprägt
wurde. Die Vielfalt der italienischen Stadtstaaten spiegelte auch die Herausforderungen
wider, die das Land in dieser Zeit durch politische Machtspiele und externe Bedrohungen
erlebte.
Ab dem 8. JH gab es den Kirchenstaat, ein Staatenverbund auf der Apennin-Halbinsel, der ab
728 bzw. 756 bis 1870 von Rom und Latium aus größere Teile Mittelitaliens bis hin
zur Adria umfasste. Es gehörten zeitweise die von neapolitanischem Gebiet umschlossenen
Enklaven Benevent und Pontecorvo dazu, und seit dem zeitweiligen, von Frankreich
erzwungenen Papsttum in Avignon im 14. Jahrhundert gehörten bis zur Französischen
Revolution auch die Grafschaft Avignon und das Comtat Venaissin dazu.
Der Papst war Staatsoberhaupt und Regierungschef einer absoluten Wahlmonarchie, mit
über 3 Millionen Einwohnern im Jahr 1853.
Der Kirchenstaat war dynamisch und unterlag ständigen Veränderungen, so dass seine
genaue Ausdehnung aufgrund sich ändernder politischer Gegebenheiten, Konflikte und
territorialer Verluste sehr häufig wechselte.
Mit der Einnahme Roms wurde der letzte Papstkönig der Regionen Romagna (1859),
Umbrien, Marken (1860) und 1870 Latium und Rom selbst enteignet, mit dem Durchbruch
der Porta Pia am 20. September.
Dies bedeutete das Ende des über 1.000 Jahre währenden Kirchenstaates und den Verlust
der weltlichen Macht, und Papst Pius IX. erklärte sich zum „Gefangenen des Vatikans“, was
er bis zu seinem Tod 1878 blieb.
Der Weg zur politischen Einigung Italiens begann im 19. Jahrhundert mit Schlüsselfiguren
wie Giuseppe Garibaldi und Camillo Benso, Graf von Cavour, die eine entscheidende Rolle
bei der praktischen Umsetzung der italienischen Einigung spielten.
Garibaldi, der charismatische militärische Führer der „Rothemden“, Freimaurer und späterer
Großmeister des Großorients von Italien, leitete bspw. 1860 die „Expedition der Tausend“,
die Süditalien und Sizilien befreite. Dieser kühne militärische Feldzug zielte auf die Befreiung
des Königreichs beider Sizilien ab, doch seine Folgen wirkten weit über Süditalien hinaus.
Als Garibaldis Truppen nach Norden marschierten, wurde der Kirchenstaat zu einem
Brennpunkt der Auseinandersetzungen.
Cavour hingegen war als Premierminister von Piemont-Sardinien der Architekt der
politischen Einigung, indem er diplomatische Verwicklungen geschickt umschiffte, um
Allianzen zu schmieden und Abkommen auszuhandeln, die zur Gründung des Königreichs
Italien im Jahr 1861 beitrugen. Er war mit seinem König Viktor Emmanuel II. bereit, den
Pius IX. und den Franzosen alles zu geben, was sie im Gegenzug für die notwendige militärische Intervention
wollten. Infolgedessen erhielt Frankreich 1860 Nizza und Savoyen.
Die italienischen Patrioten erkannten, dass der Papst für sie ein Feind war und niemals der
Führer eines geeinten Italiens sein konnte. Sie erkannten auch, dass der Republikanismus
zu dieser Zeit eine zu schwache Kraft war. Die Einigung musste sich auf eine starke
Monarchie stützen, was in der Praxis bedeutete, dass man sich auf Piemont (das Königreich
Sardinien) unter König Viktor Emanuel II aus dem Hause Savoyen stützen musste.
Italien hatte jedoch zunächst nicht die vollständige Kontrolle über das Territorium erlangt,
insbesondere eben nicht über die Stadt Rom. So wurde Rom wohl 1861 zur Hauptstadt
erklärt, jedoch bis 1870 nur auf dem Papier; tatsächlich blieb Turin bis 1865 Hauptstadt und
dann Florenz bis 1870.
Zwanzig Jahre lang war -realiter- Napoleon III. und nicht der Papst der wahre Herrscher von
Rom gewesen, wo er gelebt und viele Freunde und Verwandte hatte. Ohne ihn wäre die
weltliche Macht des Papstums nach der Revolution von 1848 nie wiederhergestellt worden
und hätte, als sie wiederhergestellt war, auch nicht überdauert.
Das intellektuelle Klima der Zeit des Risorgimento, geprägt von den Idealen der Aufklärung
und von nationalistischem Eifer, bildete den ideologischen Hintergrund für die neuen
politischen Strukturen.
Intellektuelle wie Giuseppe Mazzini strebten eine geeinte italienische Republik an und
stellten sich eine Nation vor, die frei von fremder Herrschaft sein sollte. Mazzinis Ideen
waren jedoch nur eine Strömung in einer breiteren Bewegung, die verschiedene Visionen
des zukünftigen italienischen Staates umfasste, die vom Republikanismus bis zur
konstitutionellen Monarchie reichten.
Garibaldi beispielsweise zeigte die Flexibilität der Italiener im Streben nach Freiheit und
Einheit indem er seine republikanischen Bestrebungen 1861 fallen ließ und dann für die
Monarchie eintrat. Letztlich hat sich die konstitutionelle Monarchie unter Vittorio Emmanulle
II durchgesetzt und der Vatikan blieb dem Papst als letzter Rückzugsort, nachdem er 1861
den größten Teil des Kirchenstaates verlor und dann 1870 Latium und Rom.
Das Streben nach nationaler Identität förderte bei den Italienern das Gefühl einer
gemeinsamen Geschichte und eines gemeinsamen Erbes. Sprache, Literatur und Kunst
spielten eine wichtige Rolle bei der Herausbildung eines kollektiven Bewusstseins und
trugen zur Entstehung einer einheitlichen italienischen Identität bei, die über regionale
Unterschiede hinausging, wobei 1861 nur 1% der Bevölkerung in ihren Familien den
toskanischen Dialekt sprachen, der bis zum heutigen Italienisch wurde; heute sollen es
übrigens nur etwas über 50% sein.
Papst Pius IX. begann 1846 sein Pontifikat als eine Figur, die von vielen als Reformer
angesehen wurde, und erhielt in liberalen und katholisch-patriotischen Kreisen früh
Unterstützung für seine Bemühungen, den Kirchenstaat zu modernisieren. Unter seinen
ersten Amtshandlungen war die Verkündung einer Amnestie für politische Gefangene und
die Zustimmung zu einigen Reformen im Kirchenstaat. In dieser Phase erlangte er den Ruf
eines liberalen, patriotischen und reformorientierten Papstes.
Mit dem Aufkommen des italienischen Nationalismus geriet der Papst jedoch in Konflikt mit
den Bestrebungen der italienischen Nationalisten und den von Persönlichkeiten wie
Giuseppe Garibaldi und Giuseppe Mazzini angeführten Kräften der Einigung.
Ein wichtiger Aspekt der Spannungen zwischen Papst Pius IX. und dem Risorgimento war
die historische Rolle des Papsttums als weltliche Macht in Italien. Die politische Autorität des
Papstes, verkörpert durch den Kirchenstaat, kollidierte mit den Bestrebungen der
italienischen Nationalisten, die einen geeinten, weltlichen italienischen Staat errichten
wollten. Die Vorstellung, dass der Papst sowohl ein geistliches als auch ein weltliches
Oberhaupt sei, wurde in der sich verändernden politischen Landschaft unhaltbar.
Die Definition der päpstlichen Unfehlbarkeit auf dem Ersten Vatikanischen Konzil im Jahr
1870 war ein weiterer entscheidender Moment im Pontifikat von Pius IX.
Das Dogma, das besagt, dass der Papst unfehlbar ist, wenn er sich ex cathedra zu Fragen
des Glaubens und der Moral äußert, löste heftige theologische und politische Debatten aus,
auch in der Freimaurerei.
Kritiker in der Kirche argumentierten, dass diese Erklärung zu viel Autorität im Papsttum
konzentriere und möglicherweise den gemeinschaftlichen Charakter der
Entscheidungsfindung innerhalb der Kirche untergrabe. Befürworter hingegen sahen darin
eine notwendige Klarstellung der Rolle des Papstes bei der Wahrung der Reinheit der Lehre.
Eine der bemerkenswertesten Verkündigungen während des Pontifikats von Papst Pius IX.
war die Definition der Unbefleckten Empfängnis im Jahr 1854. Dieses Dogma besagt, dass
die Jungfrau Maria ohne Erbsünde gezeugt wurde. Die Verkündung dieser Doktrin wurde
sowohl mit Beifall als auch mit Skepsis aufgenommen. Einerseits festigte es die Rolle Marias
in der katholischen Theologie, indem es ihre Reinheit und Einzigartigkeit hervorhob.
Andererseits stellten Kritiker die theologische Notwendigkeit einer solchen Erklärung und die
Abkehr von langjährigen Traditionen in Frage.
Die Verkündigung dieser Dogmen durch Papst Pius IX. war kein isolierter Akt, sondern stand
in engem Zusammenhang mit dem historischen Kontext der damaligen Zeit. Das 19.
Jahrhundert war von bedeutenden gesellschaftlichen und intellektuellen Veränderungen
geprägt, darunter der Aufstieg des Säkularismus und die Infragestellung der traditionellen
religiösen Autorität. Als Reaktion darauf versuchte Pius IX., die lehrmäßigen Grundlagen des
Katholizismus zu stärken und die Autorität des Papsttums in Glaubensfragen zu festigen.
Pius IX., wurde als Giovanni Maria Mastai Ferretti im Jahr 1792 in Senigallia (im
Kirchenstaat in der Region Marken im Kirchenstaat) als neuntes Kind einer adeligen Familie
geboren, und wollte früh in die Garde des Papstes gehen. Er wurde nicht aufgenommen, da
er laufend epileptische Anfälle hatte, die Folge einer Schädelverletzung in Kindheitstagen
waren. So wurde er Priester, nachdem er aber schon einmal eine junge Dame vor dem Altar
stehen ließ, die seinen Eltern aufgrund ihrer niederen Herkunft mißfiel.
Als junger Priester hatte er Gelegenheit für Papst Pius VII zu arbeiten und die Legende
besagt, daß Pius VII ihn durch ein Wunder von der Epilepsie befreite.
1824 wurde er nach Chile geschickt, als Teil der ersten apostolischen Mission im
nachrevolutionären Südamerika. Die Mission war auch in Montevideo und in Buenos Aires
und in den Vereinigten Provinzen am Río de la Plata auf ihrem Weg Richtung Chile.
Recherchen zu dieser Reise führten zu Zeitungsartikeln in Italien und Chile aus 1865, in
denen Sitzungsprotokolle von FM-Logen in Uruguay, Argentinien und Chile zitiert werden,
wo angeführt wird, dass Mastai Ferreti Logen in Südamerika als italienischer FM-Bruder
besuchte und ein sehr progressiver und intellektueller Mann wäre. Schon damals gab es
aber Fake News und es ist nicht wirklich festzustellen, was dies nun wahr oder unwahr ist.
Pius IX. galt als gebildeter Mann, und nach seiner Wahl 1846 verkündete er eine Amnestie
für politische Gefangene, befreite die Presse von der Zensur und führte die Consulta ein,
eine beratende Kammer mit Volksvertretung,
die eine stärkere Beteiligung der Bürger an der Regierung des Kirchenstaates förderte.
Außerdem hob er das alte jüdische Ghetto in Rom auf.
Für seine Liberalisierungsbestrebungen musste er sich mit der römischen Kurie selbst
auseinandersetzen, so dass er in zwei Jahren nicht weniger als sieben Staatssekretäre
hatte.

Im Februar 1848 kam Papst Pius IX. den Republikanern entgegen und gewährte dem
Kirchenstaat eine Verfassung, was angesichts der historischen Konservativität des
Papsttums sowohl unerwartet als auch überraschend war.
Die anfänglichen Sympathien für den italienischen Liberalismus trübten sich jedoch, als sich
im April 1848 herausstellte, dass sich Angriffe und Unruhen gegen das Papsttum sowie
traditionell katholische Nationen entwickelten.
Kurz darauf wurde in Paris die Zweite Französische Republik ausgerufen und die
Unterstützung Frankreichs schwand. Pius IX. distanzierte sich dann von den radikaleren
Fraktionen der italienischen Patrioten und zog sich nach der Ermordung seines Ministers
Pellegrino Rossi nach Gaeta im Königreich der beiden Sizilien zurück; er musste, als Mönch
verkleidet, aus Rom flüchten.
1849 wurde in Rom die Römische Republik ausgerufen, die insb. von Garibaldi und Mazzini
angeführt wurde. In dieser Zeit wurden zahlreiche Kirchen geplündert, und viele italienische
Kunstwerke konfisziert, da die britischen Financiers, die Geld für die Einnahme Roms
bereitgestellt hatten, bezahlt werden mussten.
Durch das Eingreifen französischer Truppen des neuen Präsidenten Louis Napoleon
Bonaparte -der spätere Kaiser Napoleon III.- wurde die Römische Republik besiegt, und der
Papst kehrte 1850 nach Rom zurück. Um die radikalen Republikaner zufrieden zu stellen,
bat Louis Napoleon den Papst, im Kirchenstaat liberale Reformen und den Code Napoleon
einzuführen.
Von diesem Zeitpunkt an verfolgte Pius IX. eine Politik der Unnachgiebigkeit gegenüber
weltlichen Machtansprüchen und wurde zum entschiedensten Gegner des antiklerikalen
Flügels der Freimaurerei. Die Enzyklika „Quanta cura“ von 1864 verurteilte liberale und
illuministische Konzepte, indem sie eine Liste verbotener Lehren, den sogenannten
„Syllabus“, präsentierte.
Pius IX. veröffentlichte etwa 124 antifreimaurerische Dokumente, darunter 11 Enzykliken, 61
kurze Briefe, 33 Reden und Ansprachen sowie Dokumente verschiedener kirchlicher Ämter.
Pius IX. sah alle Übel, welche die Kirche und die Gesellschaft plagten, im Atheismus und
Szientismus des 17. Jahrhunderts begründet, die von der Freimaurerei propagiert und von
der Französischen Revolution glorifiziert wurden. Schon mit der Enzyklika „Qui pluribus“ aus
1849 kritisierte er eine „ruchlose Vereinigung“ von Menschen, die die Sitten verderben und
den Glauben an Gott und Christus durch Naturalismus und Rationalismus bekämpfen.
Ebenfalls thematisierte sie den damals so verstandenen vermeintlichen Konflikt zwischen
Wissenschaft und Glauben.
Die italienische Freimaurerei rief 1870 ein „Freimaurerisches Antikonzil“ aus, und führte ab
dann einen erbitterten Kampf gegen Pius. Sie feiert am 20. September ihr eigenes
jährliches Fest zum Gedenken an den Sieg über die Kirche mit der oben erwähnten
Einnahme der Porta Pia, dem Ende der weltlichen Macht der Päpste.
Selbst nach dem Tod Pius IX. im Jahr 1878 ging der Kampf mit ihm weiter: Im Juli 1881
wurde Pius‘ Sarg vom Vatikan zum Friedhof von Verano gebracht. Es gab dagegen eine
heftige Demonstration mit Steinwürfen, Verwünschungen, Gotteslästerungen gegen den
Trauerzug, in deren Höhepunkt, als der Leichenzug über die Sant’Angelo-Brücke ging, unter
dem Ruf „Tod dem Papst, Tod den Priestern!“ einige Personen den Leichnam von Pius IX. in
den Tiber werfen wollten; der Angriff wurde abgewehrt. Papst Pius IX. wurde im Jahr 2000
seliggesprochen, jedoch nach sehr vielen Jahren der Diskussionen und mit einigem
Widerstand, u.a. von Israel.

1849 hatte in Frankreich der Großmeister des Großen Orients, Prinz Lucien Murat -ein
Cousin von Napoleon III, der selbst Carbonaro und wahrscheinlich FM war- den „Glauben an
Gott und die Unsterblichkeit der Seele“ als ersten Artikel in die Verfassung des Großen
Orients von Frankreich aufnehmen lassen, der zuvor nicht enthalten war, und ließ dem
Großmeister sieben Jahre lang eine quasimonarchische Macht verleihen.
Murat war, anders als die Mehrheit des Ordensrates des Großorients von Frankreich, gegen
die italienische Einheit und für die weltliche Macht des Papstes.
Das Dogma der Unfehlbarkeit des Papstes hat allerdings nach 1870 besonders starke
Reaktionen in der FM ausgelöst und es gab große Konflikte um das Thema der Religion. Im
Jahr 1875 gab es einen Kompromissversuch (Kongress der Obersten Bundesräte im
Lausanner Tempel) mit der Verwendung des Ausdrucks „Schöpferprinzip“ (der weniger
deistisch klang als „höchstes Wesen“), aber letztendlich reichte dies dem Grand Orient von
Frankreich nicht aus.
1877 hat der Großorient von Frankreich nach Belgien, Ungarn und verschiedenen
südamerikanischen Ländern, den ersten Artikel aus ihrer Verfassung gestrichen, der den
Glauben an Gott und die Unsterblichkeit der Seele vorschrieb.
Der Bruch zwischen den Franzosen und den Angelsachsen wurde damit besiegelt.

xxx

Die Geschichte kennenzulernen und sie zu verstehen ist schwierig, da jeder einzelne seine
Interessen hat, sie nach diesen Interessen erläutert und sie durchsetzen will.
Ohne Kenntnis und Verständnis der Geschichte kann man die Gegenwart nicht verstehen.
Und ohne Kenntnis und Verständnis der Gegenwart, und ohne Mut, wird man nicht in der

Lage sein, die Zukunft zu meistern.

Toleranz ist eines unserer Hauptprinzipien und wir sollen sie laufend üben.
Missverstandene Toleranz, bspw. gegenüber Intoleranten, ist jedoch Torheit.

Der Knoten der Unendlichkeit

Fast zwei Jahre ist es her, dass ich erstmals diesen Raum betreten durfte – es war, als löste sich in mir ein Knoten und ich fühlte mich in eine Unendlichkeit tretend, in jene der Freimaurerei!

So entstand der Titel dieses BS.

Allegorisch begann für mich ein neues, reicheres, schier unendliches Leben, für das ich euch sehr dankbar bin – allen meinen Geschwistern; besonders danke ich meinen Bürgen Erna und Georg!

Mehrere Symbole für dieses reichere Leben und Erleben haben einen starken Konnex zu meinem bisherigen Leben, das aufgrund meiner ersten realen Berufung stark von textilen Objekten geprägt wurde.  Dazu gehören die Knotenschnur, die aus vielen Fasern und Fäden besteht (ich bin gelernter Spinner!), bodendeckende Textilien wie der Tapis, ein Gewebe (ich bin auch gelernter Weber!) und das musivische Pflaster, welches als leinwandbindiges Gewebe interpretiert werden könnte, wenn es anstatt schwarz-weiß/weiß-schwarz in der Faden-Bindung von Kette und Schuss – oben-unten/unten-oben – gesehen werden würde. 

Als Textiler habe ich auch einen besonderen Bezug zu Knoten, da der einfache und der doppelte Weberknoten für den Textilhersteller von allergrößter Bedeutung sind. Mit beiden werden Fäden-Enden zusammengefügt, wenn sie neu zusammengebracht werden sollen oder gebrochen sind.

Als begeisterter Katamaran-Segler habe ich auch eine besondere Beziehung zu Knoten.

Wie ich schon darstellen durfte, war ich anfangs ob der vielen Erlebnisse und Eindrücke in der L∴ überwältigt! Das bin ich eigentlich immer noch, beobachte immer gespannt und neugierig, was in der L∴ geschieht, und sehe dauernd etwas Neues, das mir vorher noch nie so richtig aufgefallen war.

Nicht bei der Rezeption, aber bald danach, fiel mir unser Tapis auf. Besonders die dargestellte Knotenschnur, die drei Seiten des Tapis (Norden / Osten / Süden) und einige Symbole umgibt und nach Westen hin offen ist.

Als gelernter Spinner und Weber bin ich vom Textilen angezogen, buchstäblich und auch im übertragenen Sinn, also materiell und geistig.  So habe ich „unseren“ Tapis auch im „Buchdepot zum rauen Stein“ vorgefunden, und das eine oder andere spannende Gespräch mit seinem Urheber, Br∴ Michael, führte mich geradezu hin.

Den Betrieb in Hoheneich (Fa. Backhausen), in welchem unser Tapis hergestellt wurde, kenne ich seit meiner Schulzeit; ich habe dort mit dem einen oder anderen – auch technischen – Umsetzern weiterhin fachlichen Kontakt.

Gerade als ich mich anfänglich in die von mir ausgesuchte Materie des „Knotens der Unendlichkeit“ eingelesen hatte – u.a. habe ich einige BS unserer Geschwister gelesen -, umso unsicherer wurde ich, ob ich diese Materie wohl ‚maurerisch‘ ordentlich werde behandeln können.  Bestätigt wurde mir dies, als ich mit der Zeit mehr von der Symbolik der Knoten, der Knotenschnur und der Unendlichkeit zu sehen und manchmal zu verstehen begann.

Welche weiteren besonderen Beziehungen habe ich nun zu einem bestimmten Knoten und welche zur Unendlichkeit?  Besonders mit dem“ Knoten der Unendlichkeit“, dessen Existenz mir nicht klar war, bis ich tiefer in die Materie stieg?  Wie steht dieser besondere Knoten mit der FM in Beziehung und was kann ich aus ihm lernen?

Was ist in der weiteren maurerischen Referenzliteratur zum „Knoten der Unendlichkeit“ zu lesen?  Ich habe dann auch Unterstützung von Erna und Christina erbeten, und siehe da, neue Wege wurden gefunden!

Zu Knoten

Geknotete Seile und Schnüre werden seit Jahrhunderten für praktische Anwendungen beim Zählen und Messen, als Gedächtnishilfen, insbesondere für Gebetsrezitationen sowie zum einfachen Binden verwendet.

Es gibt an die 4.000 Grundformen von Knoten, und es wurden die ersten angeblich schon vor 100.000 Jahren gebunden.

Das Knotenbinden ist eine der Hauptentwicklungen im Fortschritt der Menschheit und mancher meint, dass es sogar die Erfindung des Rades in Bezug auf seine Wirkung auf die Zivilisation überschatten könnte.  Anthropologen stellten fest, dass während der Zeit, in welcher der Mensch lernte, Tiere zu domestizieren, das Seil zum Symbol seiner Beherrschung der rohen Natur wurde; so erlangte das Seil oder die Schnur eine sehr frühe symbolische und mystische Bedeutung.

Knoten sind ganz eigen in der Art, wie sie sich verhalten – die meisten werden nicht durch Druck, sondern üblicherweise durch Zug fester.  Diese Eigenschaft verleiht ihnen eine symbolische Bedeutung als Gegenstück in ihrer Kraft, die als wichtige Ergänzung zur Tragekraft z.B. von Säulen gesehen werden kann.  Da findet sich eine Analogie zur Dualität des Passiven und des Fixen (des Winkelmaßes) mit dem Aktiven und Beweglichen (dem Zirkel).

Die Knoten in der Knotenschnur, die wir im Tapis, finden sind oft unterschiedlicher Art und in unterschiedlicher Anzahl.  Fast immer sind jedoch sogenannte Achterknoten oder Lemniskaten am häufigsten vorkommend, die – wenn liegend dargestellt – dem üblichen mathematischen Zeichen für die Unendlichkeit (∞ – vom griechischen λημνίσκος lēmnískos‚ Schleife‘) sehr ähneln und auch manchmal ‚masonischer Liebesknoten‘ oder Herkules-Knoten genannt werden. 

Da war mir erstmals klar, dass der Knoten der Unendlichkeit schon oft vor mir lag!

Die Lemniskate wurde im alten Griechenland und in Rom als Schutz-Amulett oder als Hochzeitsymbol verwendet; im Mittelalter und in der Renaissance ist der Achterknoten als ein häufiges Liebesandenken von in die Ferne reisenden Rittern für ihre zurückgelassenen Frauen verwendet worden; daher gab es für diesen Knoten auch manchmal die Bezeichnung „Witwenstrick“.

Lemniskaten bedeuten eine immerwährende und ewige Fortsetzung eines Vorganges.  Der Knoten dürfte aber auch das Zeichen dafür sein, dass eine Freundschaft, eine Kameradschaft oder eine Partnerschaft Leben und Tod überdauern mögen.

Diese Interpretation der Lemniskate als der am häufigsten in der Knotenschnur vorkommende Knoten führt auch direkt zur Bildmachung der Menschheits- bzw. Geschwisterkette im Tapis der Loge:  Die einzelnen Knoten können als Symbol für die einzelnen Menschen verstanden werden, und jeder Knoten ist ein Symbol für die immerwährende Verbindung der Geschwister im alle Zeit und allen Raum umfassenden Universum.  Dies finde ich eine besonders schöne Interpretation dessen, was Knoten, Knotenschnur und die Verbindung aller Menschen zueinander bedeuten.

Ein anderer in der Knotenschnur häufig anzutreffende Knoten ist der einfache oder ‚Brezel-Knoten‘, der oft als Zauberknoten bezeichnet wurde und der dreimal geknüpft werden musste, um seine volle Wirksamkeit zu erhalten.  Dieser Knoten wird auch als Zeichen für den Wunsch nach einem langen Leben oder -vielleicht sogar – einem weiteren Leben angesehen.  Wenn in der Knotenschnur vorhanden, dann ist dieser Knoten meist sowohl im Süden als auch im Norden zu sehen.  In den alten, von Geometern und Bauleuten verwendeten Schnüren, waren gerade diese Knoten aufgrund ihrer Einfachheit und Stabilität vorherrschend.

Die einfache Schlinge (kein Knoten) in der Knotenschnur des Tapis symbolisiert Geburt und Schicksal.  Unser Schicksal wird maßgeblich durch unser geistiges und materielles Erbe geprägt sowie durch die Gegebenheiten in den Gemeinschaften, in welche wir hineingeboren und auch später integriert wurden.  Diese einfache Schlinge hält daher nur, wenn sie um etwas geschlungen und damit mit anderen verbunden ist. 

In die Welt antiker Legenden führt uns der „Gordische Knoten“, dessen Lösung Welt-herrschaft versprach; bekanntlich hat Alexander der Große im Winter 3.666-67 A.L. (334 – 333 v.Chr.) den Knoten mit dem Schwert zerteilt und damit eine gewaltsame Lösung eines sonst sehr schwierigen bzw. unlösbaren Problems vorgeführt.

Der historische Islam kennt den Brauch der Männer, sich in den Bart einen Knoten zu machen, um Unheil und den Teufel abzuhalten.

Im Hinduismus sind textile Knoten für den Büßer ein Zeichen der Reue. 

Buße und die Beteuerung zu glauben symbolisieren genauso die drei Knoten in der Gürtelschnur der Mönche; sie weisen auf die drei Gelübde der Armut, Keuschheit und des Gehorsams hin.

Die Ägypter fertigten das Symbol des Weltganzen in Form einer zwölf-knotigen Schnur an, da der Tag als „Mini-Jahr“ aufgefasst und somit in zwölf (Doppel)stunden eingeteilt wurde.  Als Kreis aufgelegt, könnte sie zu kultischen Handlungen gedient haben.  Um den Kreis zu schließen, konnte am besten der sogenannte Weberknoten verwendet werden oder, bei Bedarf besonders großer Stabilität der Verbindung, der doppelte Weberknoten.

Knoten sind ein vertrautes ornamentales Symbol auch in der chinesischen und tibetanischen Kultur, wo sie Unendlichkeit und Glück versinnbildlichen.

Die Knotenschnur

Die geistige Welt, die Transzendenz, zeigt sich auf dem Tapis in Form der Knotenschnur, auf welche der Kopf des Zirkels weist.  Die Knotenschnur verbindet diese geistige Welt mit der materiellen Welt.  Sie umfasst die Welt des Tempels und der masonischen Symbole vom Norden über den Osten nach Süden (oder auch umgekehrt!) und bleibt nach Westen hin offen und liegt in vielen Fällen symmetrisch.

Die Knotenschnur liegt nicht flach und gerade auf und am Tapis, genauso wenig wie das Schicksal geradlinig verläuft.  Wir bestimmen maßgeblich unser Schicksal; dieses gehorcht jedoch gleichzeitig den ehernen Gesetzen des großen Baumeisters der Welten.

Wie im musivischen Pflaster weiß-schwarz oder im Gewebe oben und unten ist das ewige Auf und Ab, das Hoch und Tief der geschlängelten Knotenschnur Sinnbild der wechselvollen und unregelmäßigen Gegebenheiten jedes Daseins.

Mit dem musivischen Pflaster, mit den Steinen und mit dem flammenden Stern verbindet die Knotenschnur einiges, u.a. auch die Tatsache, dass sie zu den einzigen Objekten gehört, die im Laufe der FM-Geschichte nie als Lichter bezeichnet wurde.

Bei der Knotenschnur im FM-Tapis handelt es sich in den meisten Fällen um eine 12-Knoten-Schnur (3+4+5=12), selten auch um eine 11-Knoten-Schnur.  Es gibt sie auch noch seltener mit 3, 5 und 7 Knoten, aber auch mit 13 und auch mit mehr Knoten.  Weshalb, konnte ich noch nicht feststellen.

Quasten beenden die Knotenschnur im Norden und im Süden des Tapis.  Der Quast ist ein Zeichen für die Macht, neues Leben aus dem Willen heraus zu zeugen.

Materielle mit der geistigen Welt verbunden, ergibt Transzendenz des Symbols der Verbindung der Geschwister in der Weltbruderkette.  Verbunden wiederum mit dem Symbol der Unendlichkeit in den Lemniskaten, deutet dies zum einen darauf hin, dass die geschwisterliche Kette die Zeiten überdauert, symbolisiert aber auch die Unendlichkeit des Seins im Universum.

Die östliche Hälfte der Arbeitstafel wird von der Knotenschnur umschlossen. Sie war neben Winkelmaß und Zirkel eines der wichtigsten Handwerksgeräte in den alten Bauhütten.  Jeder Baumeister hatte seine eigene Knotenschnur.

Jener, der diese Knotenschnur in frühester Zeit trug, konnte als früher Geometer erkannt werden, als der Bauherr, als der Landvermesser, als die gebildete Person.  In Ägypten war er Teil einer besonderen Priesterkaste – der Harpedonapten.

Die 12-Knotenschnur wurde in der Antike verwendet, um Maß zu nehmen und um geometrische Figuren darzustellen; mit einer solchen 12-Knotenschnur ist es zudem einfach pythagoräische Dreiecke aus 3 + 4 + 5 = 12 Teilen zu konstruieren.

Unsere drei Säulen in der Mitte des Tempels, welche die drei kleinen Lichter der Freimaurerei tragen, stehen in vielen Lehrarten in dem aus der Knotenschnur gewonnenen Dreieck; und so wundern wir uns nicht, wenn wir seit alters her in Freimaurer-Katechismen lesen, dass die drei kleinen Lichter der Sonne, dem Mond und dem Meister zugeordnet werden, umgeben vom Weltganzen der 12-Knotenschnur.

Nun zur Unendlichkeit: 

Eine sehr wichtige Fassette in meinem eigenen Leben bildete die Beschäftigung mit Kryptografie, ursprünglich die Wissenschaft der Verschlüsselung von Informationen.  Heute befasst sich Kryptografie auch allgemein mit dem Thema Informationssicherheit, also der Konzeption, Definition und Konstruktion von Informationssystemen, die widerstandsfähig gegen Manipulation und unbefugtes Lesen sind.

In einem meiner Projekte der letzten Jahre habe ich mich mit – fast – unendlich langen Zahlenreihen beschäftigt.  Die Zahlenreihen waren so lang, dass ich sie als ‚praktische Unendlichkeit‘ bezeichnete, was mich zu heftigen Diskussionen mit einem damals befreundeten Mathematiker – übrigens einem Br∴ aus der RSG – verleitet hat.  Ich behauptete, dass eine Zahlenreihe der Größe 2^677 (ca. 10^220), wie wir sie mit den von uns entwickelten und gebauten Geräten herstellen konnten, für jede praktische Anwendung ‚unendlich‘ sei, was der Mathematiker natürlich für unrichtig hielt.  Ich entgegnete, dass für jede praktische Anwendung in Datensicherheit und Kryptografie diese großen Zahlen ‚praktisch‘ unendlich wären, da eine Maschine extrem viel Zeit – also fast unendliche Zeit – bräuchte, um den damit erzeugten Code zu ‚knacken‘.  Wir einigten uns darauf, dass der Begriff der praktischen Unendlichkeit das Verständnis beim Laien erleichtern würde – trotz des klaren Falschseins!

Die Unendlichkeit kann, wenn wir sie zeitlich sehen, vom Jetzt in zwei Richtungen der Ewigkeit gehen.  Die eine Ewigkeit repräsentiert die Vergangenheit, die zweite Ewigkeit versteht sich als Zukunft.  Der weite Begriff der Ewigkeit umfasst beide Sparten:  Die Vergangenheit und die Zukunft, wobei jede für sich auch wieder eine Ewigkeit ist.  

Die Gegenwart versteht sich dann eigentlich als die einzig lebende Kupplung zwischen diesen beiden Ewigkeiten; konkret ist die Gegenwart eine eigenständige (unsere wichtigste) Zeitspanne und ein Zwischending zwischen anklingender abstrakter Zukunft und ausklingender konkreter Vergangenheit, das heißt die Überschneidung zweier Ewigkeiten.  Sie ist eben unsere wichtigste Zeitspanne, weil es jene ist, in welcher wir gerade leben.

In der Theologie und manchen philosophischen Konzeptionen ist die Unendlichkeit eines der Attribute Gottes, während die Schöpfung per se endlich ist.  Das Wesen des Unendlichen ist insbesondere ein Thema der Metaphysik sowie der Mystik, etwa in der Kabbala  oder bei christlichen Mystikern.

Kurz zu anderen Knoten der Unendlichkeit

Einen einfachen ewigen Knoten findet man im Knoten Salomons vor, der erstmals im Tempel vorhanden gewesen sein soll.

In keltischen und nordischen Quellen scheint eine Abwandlung dieses Knotens auf, der als Abbildung, z.B. auf Schilden verwendet wurde, um eine magische Wirkung zum Schutz des Schildträgers auszulösen.

Im Mittelalter war dieses Symbol des Knotens Salomons ein besonderes Kennzeichen der italienischen Steinmetze, die es mit mystischer Bedeutung als Symbol für ewige Bewegung und die Verflechtung von Raum und Zeit durchdrungen haben; ebendiese Steinmetze und die Carbonari sollen Vorgänger der FM gewesen sein.

In der fernöstlichen Praxis ist der „Ewige Knoten“ – der Knoten der Unendlichkeit – ein Symbol der Verheißung, das die Einheit zwischen unendlicher Weisheit und Mitgefühl darstellt  – ohne Anfang und ohne Ende.  

Es ist ein geometrisches, nach vielen Richtungen symmetrisches Diagramm von rechten Winkeln, das die Natur der Realität und Kausalität symbolisiert, in der alles miteinander verbunden ist.  Es handelt sich um einen fließenden Prozess miteinander verbundener Dualität von Ursache und Wirkung, in dem alles als Teil eines Netzes von Bedingung und Konsequenz existiert. 

Das Symbol kann das ewige Kontinuum des Geistes und den endlosen Kreislauf von Leiden und Freuden, Geburt und Tod (im Buddhismus auch Wiedergeburt) sowie die Verflechtung von Weisheit und Mitgefühl darstellen.  Es führt zur Harmonie im Universum und ist ein Symbol für die ultimative Einheit von allem.

Da der Knoten keinen Anfang oder kein Ende hat, symbolisiert er auch die Weisheit des GBaW.

Zum Schluss

Als ich nach langem Lesen, Reflektieren, Schreiben und Umschreiben zum Ende kommen sollte, konnte ich plötzlich auch die unterschiedlichen Knoten als Symbol für die Geschwister in den Beamtenfunktionen der Loge sehen.  Unterschiedliche Knoten symbolisieren unterschiedliche Menschen oder Funktionen, doch auch gleiche Knoten an unterschiedlichen Stellen symbolisieren sie.  Knoten tragen symbolisch Aufgaben oder Funktionen, solange sie eben gebunden sind.  Aber auch die Schleife hat eine Funktion, wenn sie eben ein-gebunden ist.

Die Knotenschnur symbolisiert die Geschwisterkette und ist in jeder Loge anders gestaltet, oft mit unterschiedlichen Knoten und in unterschiedlicher Anzahl, manchmal symmetrisch, oftmals asymmetrisch.  Sie umschließt die Loge von einer Säule zur anderen, über den Süden nach Osten, nach Norden, oder auch umgekehrt, wobei der Raum zwischen den Säulen im Westen nicht von der Schnur umschlossen ist.  Mittig im Osten ist meist eine Lemniskate (eben der unendliche Knoten), welche den MvSt symbolisiert und oft weitere zwei Knoten beiderseits, welche Redner und Sekretär darstellen.

Ein sich öffnender Knoten repräsentiert den Lehrling, ein sich zuziehender Knoten jenen, der den Gesellengrad bereits erreicht hat.  Die Knoten symbolisieren auch den einzelnen Freimaurer, der Gleicher unter Gleichen ist, und gibt als Meister am Ende seiner Reise seine Erfahrungen an den Lehrling weiter.

Und Gotthold Ephraim Lessing sagt in den „Gesprächen für Freimaurer“, dass „die Menge solcher Knoten… wie die Menge der Räder in einer Maschine (sind). Je mehr Räder, desto wandelbarer.“  Meines Wissens hat er keine Grenze nach oben gesetzt.

Das geknotete Seil ist weiterer Teil eines der Initiationsprozesse, in welchem ich als Person erstmals in die Geschwisterkette der Eingeweihten eingebunden wurde, was für mich als ein Höhepunkt in ebendiesem Einweihungsprozess in Erinnerung geblieben ist.  Es ist in den Zeichnungen der Spurenmuster der ersten Grade vorhanden.  In diesem Zusammenhang symbolisiert es die Vereinigung der Geschwister, die in diesem Raum zusammen sind.

Für mich symbolisiert die Knotenschnur auch den „Himmelsrahmen“, der die „Welt des Lichtes“ vor der „Welt der Dunkelheit“ begrenzt, trennt und schützt – sie trennt und schützt das Heilige vom Profanen.

*

Ein jegliches hat seine Zeit und alles Vorhaben unter dem Himmel hat seine Stunde – das Binden des Knotens und der Geschwisterkette und auch deren Lösen (abgewandelt vom Buch der Prediger 8.6. in der Bibel).

Quellen:

Unser Glossar für LL

William Steve Burke, The knotted rope in masonic esoteric tradition ()

Lennhoff/Posner/Binder, Internationales Freimaurer Lexikon (2015)

Alfried Lehner, Die Esoterik der Freimaurer (1990)

Alfried Lehner, Die Mitte des Tempels (2011)

Gotthold Ephraim Lessing. „Gespräche für Freimaurer“

Rudolf Moosbrugger, Schnurvermessung: einfältig – einfach (2016)

Roland Müller, Die „Lichter“ im Laufe der Zeit

Holger Schackert – Tutorium Berlin

Wolfgang Scherpe‚ Das unbekannte im Ritual‘ ()

Werte-volle Bildung für Kinder

Sozio-emotionales Lernen

Ein Lösungsansatz für manche Probleme der heutigen Zeit?

Im Mai des vergangenen Jahres erzählte mir die Volksschul-Lehrerin Gabi O., dass in ihrer ersten Volksschulklasse ein Sechsjähriger zu ihr kam und ernst erklärte, dass er nunmehr verstehe, weshalb die Giraffe das Haupttier des Lernsystems Cloud9World (abgekürzt C9W) ist, „denn ohne Integrität kommt man im Leben nicht weiter!“

Wie lernt ein Sechsjähriger Integrität verstehen?  Und Integrität erklären?  Und Integrität anwenden?  Und dies in kurzer Zeit!

Nun – kindgerecht, anspruchsvoll, spielerisch.

Später zeige ich Euch konkret, wie!

Nämlich mit altersangepassten Tiergeschichten, wo Kinder unterschiedlicher Hautfarben und Kulturen, aus verschiedenen Weltteilen, mitten im Leben sind und werterelevante Situationen erleben, wunderschön illustriert, pädagogisch und didaktisch hervorragend umgesetzt.

Jeden Monat wird ein neues Thema bearbeitet. 

Das Thema wird einmal Wert genannt, ein andermal Charakter-Stärke oder auch Charakter-Eigenschaft.  Es handelt sich jedenfalls im Sinne Erich Fromms um „idealistische Werte“ bzw. um Kategorien des ethischen Handelns und sind Teil der Sozialisierung, die auch zur eigenen Reflektion führen sollen.

Zum Thema Werte

Es geht hier u.a. darum, dass die Identifikation mit begrenzten Merkmalen wie Geschlecht, Rasse, Religion und Nationalität – zumindest etwas – überwunden und ihre grundlegende Identität als Teil eines universellen Geistes gefördert wird.  Begrenzte Identifikationen führen ja zu Konflikten auf individueller und globaler Ebene; jeder Einzelne ist aber viel mehr, als die Summe dieser begrenzten Identifikationen.

Moralische und spirituelle Werte sind allen kulturellen und religiösen Traditionen in unterschiedlich starker Ausprägung gemeinsam, und die Symbole und Praktikenm, jene Rituale und Bräuche, welche die Lebensweisen differenzieren, unterscheiden eine Tradition von einer anderen und verleihen jeder ihre eigene Bedeutung.

Die Symbole und Praktiken sind wie die Schalen einer Frucht.  Die spirituellen Werte -das Streben nach Wahrheit und das Bewusstsein unserer Einheit mit dem Universum- sind das Fruchtfleisch.  Menschen jeder Tradition haben jedoch immer wieder das Fruchtfleisch weggeworfen und halten sich an der Schale fest!

Diese Unterscheidung zwischen Wert, Ritual und Symbol wurde ursprünglich in der Antike getroffen.  Beispielsweise bezieht sich im Sanskrit der Begriff Smriti auf jene Praktiken, die zeitlich und örtlich angemessen, also zeitgebunden sind.  Shruti hingegen bezieht sich auf jene Werte, die zeitlos sind.

In der richtigen Reihenfolge der Dinge ist das Zeitgebundene dem Zeitlosen oder Allgemeingültigen untergeordnet.  Das Zeitgebundene ist sehr hilfreich im Erfassen und Erlernen des Allgemeingültigen, in vielen Traditionen finden wir jedoch die Reihenfolge verkehrt.  Die Menschen neigen dazu, da es einfacher ist und weniger Reflektion bedarf, das Zeitgebundene (die Symbole und Praktiken, also jene Dinge, die ihnen eine individuelle Identität verleihen), mehr zu ehren als die zeitlosen Werte.  Dann blüht jedoch der Fanatismus und die Divergenzen müssen verteidigt werden.  Wir können dies heute an den Kriegen sehen, die im Namen der Religionen auf der ganzen Welt stattfinden.

Wenn man sich jedoch auf die Werte konzentrieren könnte, die größere Wahrheit darstellen, wäre ein großer Teil der Konflikte in der Welt gelöst.  Ein Großteil des Elends, das im Namen der Religionen auf die Welt gekommen ist, könnte vermieden und die gemeinsamen Werte wieder in größerem Umfang gelebt werden.  Und es ist nicht notwendig, Schuld und Angst einzusetzen, um diese Werte zu fördern; vielmehr ist das Gegenteil zielführend und sollte dem jungen Menschen früh vermittelt werden.

Nun können traditionelle den säkular-rationalen Werten und Überlebenswerte den Selbstausdruckswerten gegenübergestellt werden, wie dies bei den sogenannten Common Human Values getan wird.

Traditionelle Werte betonen die Bedeutung von Religion, Eltern-Kind-Bindungen, Respekt vor Autorität und traditionellen Familienwerten.  Menschen, die diese Werte annehmen, lehnen beispielsweise Scheidung, Abtreibung, Sterbehilfe und Selbstmord ab.  Diese Gesellschaften haben ein überhöhtes Maß an Nationalstolz und eine nationalistische Perspektive.

Weltlich-rationale Werte haben die entgegengesetzten Präferenzen zu den traditionellen Werten.  Diese Gesellschaften wiederum legen weniger Wert auf Religion, traditionelle Familienwerte und Autorität.  Scheidung, Abtreibung, Sterbehilfe und Selbstmord werden als relativ akzeptabel angesehen.

Überlebenswerte legen große Bedeutung auf wirtschaftliche und physische Sicherheit.  Sie sind verbunden mit einer relativ ethnozentrischen Einstellung und einem geringen Maß an Vertrauen und Toleranz.

Selbstausdruckswerte bedeuten Umweltschutz, wachsende Toleranz gegenüber Ausländern, Schwulen und Lesben sowie die Gleichstellung der Geschlechter und die wachsenden Anforderungen zur Teilnahme an Entscheidungsprozessen im wirtschaftlichen und politischen Leben.

Welche Werte bzw. Wertvorstellungen sind nun für das gegenständliche Bildungsprogramm für Kinder relevant und lassen sich in klarer, nicht beliebiger Form für viele und in vielen Kulturen einsetzen?  Welche sind gewählt worden, und nach welchen Kriterien ging man vor?

In der Literatur findet man halbwegs sinnvolle „Werteauflistungen“ mit einem Wert (der kategorische Imperativ Kants) oder auch 50 oder 60 Themen; in der Praxis weniger sinnvolle Listungen nennen bis zu 200 und mehr.  Dazu etwas später.

Zum Thema Bildung

Bildung, vom althochdeutschen ‚bildunga‘ (Vorstellungskraft) abgeleitet, ist definiert als das Maß für die Übereinstimmung des persönlichen Wissens und Weltbildes eines Menschen mit der Wirklichkeit.  Höhere Bildung bringt die Fähigkeit, Verständnis für Zusammenhänge zu entwickeln und wahre Erkenntnisse zu gewinnen.  Dies betrifft sowohl den Bildungsvorgang („sich bilden“, „gebildet werden“) als auch den Bildungszustand („gebildet sein“); der innerhalb einer Bevölkerung gemeinhin erwartbare Bildungsstand wird auch Allgemeinbildung genannt.

Bildung ist nicht der Schlüssel zum Erfolg, sondern, das Wissen, wie man Bildung einsetzen muss ist – das ist der Schlüssel zum Erfolg.  Ein wichtiger Teil davon ist die sozio-emotionale Komponente.

Der moderne, dynamische und ganzheitliche Bildungsbegriff steht für den lebensbegleitenden Entwicklungsprozess des Menschen zu der Persönlichkeit, die er sein kann, aber noch nicht ist.  Diesem Prozess sind allerdings durch persönliche Voraussetzungen bezüglich IntellektMotivationKonzentrationsfähigkeitGrundfertigkeiten, sowie durch zeitliche, räumliche und sozio-ökonomische Bedingungen, Sachzwänge, Verfügbarkeit von Lehrmitteln und/oder Lehrern, Grenzen gesetzt. 

Gesellschaftliche und soziale Veränderungen verursachen jedoch zunehmend Bildungslücken, die geschlossen werden müssen.  Diese Bildungslücken erfassen wir subjektiv in zunehmendem Maße, sie sind jedoch auch objektiv messbar, wenn z.B. festgestellt wird, dass ein größer werdender Anteil der Kinder beim Beenden der Schulpflicht nicht sinnerfassend lesen kann, oder aber die Ergebnisse der alle drei Jahre stattfindenden PISA-Studien im Lauf der Zeit tendenziell schlechter werden.

Leider werden die österreichischen PISA-Ergebnisse im Perioden-Vergleich tatsächlich laufend deutlich schlechter, auch im Vergleich zu vielen anderen Ländern, welche die PISA-Studien mitmachen.  Und dies, obwohl Österreich eines der teuersten Bildungssysteme der Welt unterhält (nur Qatar und Luxemburg sind beispielsweise noch teurer).

Auch für jene, die keine eigenen Kinder haben sind diese schlechter werdenden Ergebnisse der Grund- und Allgemeinbildung in unserer Gesellschaft bedrohlich und risikoreich.  Das Potential zur Verschlechterung der sozialen und wirtschaftlichen Lage steigt damit.

Unsere sich sehr rasch entwickelnde Gesellschaft und die Notwendigkeit, rascher als früher Neues zu lernen und sich intellektuell anzupassen, erfordert eine sich laufend ändernde Kombination von Fertigkeiten und Fähigkeiten, die ein stabiles sozio-emotionales Grundgerüst noch wichtiger werden lässt als eben früher.

Dieses sozio-emotionale Grundgerüst wird jedoch durch die gesellschaftlichen Veränderungen in Zusammenhang mit der Digitalisierung generell weiter erschüttert; die Corona-Krise trägt ihr Schlechtestes noch dazu.

Überforderte Eltern, vermeintliche kulturelle Inkompatibilitäten, Digitalisierung, Corona und weitere Erschwernisse spannen ein schon eher erstarrtes System weiter an und fordern rasch wirksame Veränderungen heraus.

Wie schafft man es jedoch nun, dass schon Kinder ihre Emotionen regulieren lernen und dann auch stärker ethisch handeln?  Diese sozio-emotionalen Fähigkeiten und Fertigkeiten wurden traditionell von der Familie bzw. auch von den Religionsgemeinschaften vermittelt, die jedoch in abnehmendem Maße Einfluss ausüben (können).

Kann man den jetzt schon in vielen Fällen schon vor Corona überforderten Lehrern weitere Aufgaben „aufhalsen“?  Eigentlich nicht!  Man tut es aber.

Eine mögliche Lösung ist aber sicherlich das Gegenteil, nämlich den Lehrern die Arbeit leichter zu machen oder sie ihnen überhaupt zu ermöglichen.

Wie kann eine Lösung aussehen?

Indem man Lehrern kindgerechte, altersangepasste Tools zur Verfügung stellt, die Kinder liebend nutzen und ihnen unmittelbar helfen – sozio-emotionales Lernen.

Bei den ganz kleinen Kindern helfen die Tools, ihre Emotionen zu erkennen und zu beherrschen.  Den Größeren zeigt man Denk- und Handlungsvarianten, die unmittelbar eingesetzt werden können und rasch zu einer Verbesserung der Selbsterkenntnis und des Verhaltens führen.

Bessere Selbsterkenntnis der Kinder und verbessertes Verhalten ermöglicht es den Lehrern, ihre Arbeit effizienter zu gestalten und erleichtert ihnen die Zielerreichung bei der Vermittlung von Wissen und Fertigkeiten.  Wenn dies längerfristig und in größerem Umfang gemacht wird, verbessern sich u.a. auch die PISA-Ergebnisse.

Zum Sozio-emotionalen Lernen

SeL hilft eine Lücke in der Werte- und Emotionen-Bildung abdecken, welche die gesellschaftliche Entwicklung öffnet, da Eltern und private Gemeinschaften heute seltener in der Lage sind, notwendige Fertigkeiten und Fähigkeiten für ein gedeihliches Zusammenleben und für eine positive Gesellschaftsentwicklung zu vermitteln.

Die heutige Corona-Krise leistet leider sehr viel dazu, dass die schon bedenkliche Situation noch schlechter wird.  Es leiden heute praktisch alle Kinder unter den Einschränkungen des Schulbetriebes, aber besonders stark jene, deren sozio-ökonomische Situation vergleichsweise schlecht ist.

Einzigartig an SeL ist, dass die talentfördernden Programminhalte in Büchern und Begleitmaterialien zu freudiger, rascher und anhaltender Verbesserung der empathischen und kommunikativen Fähigkeiten der Kinder führen.  Es entsteht eine Positivspirale in der Schule, mit einem leicht und unmittelbar einsetzbaren, funktionalen, in allen Schularten und durch viele Schulstufen nutzbaren, nachhaltigen Lehrsystem für Lehrende, das nahezu selbsterklärend ist und Ziele erreichen hilft.

C9W ist ein Sozio-emotionales Lern-Tool für Lehrende und Kinder, das Bildungsziele für die ausgeglichene intellektuelle Entwicklung maßgeblich fördert und hervorragende Ergebnisse erbringt – seit 2018 wird es in sechs Schulen in Wien eingesetzt (seit 2010 in zehn Ländern Amerikas).

Welche Werte werden konkret bearbeitet?

Bei der Auswahl der Werte-Themen für das Programm ging man in einer ersten Runde sehr pragmatisch vor und beschloss eine Anzahl Tools, die, wenn in Elementarschulen angewendet, mehrjährige Programme ergeben könnten, um Kindern und Lehrenden sowohl Einzelthemen als auch Programmteile oder das gesamte Programm anbieten zu können; man begann mit 30 Themen, die -monatlich angewendet- ein Dreijahresprogramm ergeben.

Die theoretische Grundlage hat man beim Sozio-emotionalen, ethischen Lernen (SeL), gefunden, das u.a. der Dalai Lama als systematische Bildung mit grundlegenden ethischen Werten charakterisierte, basierend auf wissenschaftlicher Evidenz, gesundem Menschenverstand und geteilten Erfahrungen vieler Kulturen.

Der Delors-Bericht aus 1996 (zitiert in der UNESCO-Studie 2016 „Bildung überdenken“) besagt, dass die ethische und kulturelle Dimension der Bildung in systematischer Form erfolgen soll, um effektiv für die Gesellschaft zu wirken.

Darauf basierend, gemeinsam mit didaktisch ausgebildeten Pädagogen wurde ein System erarbeitet, das fünf Kernfähigkeiten kennt: 

  • Selbstwahrnehmung (self-awareness)
  • Selbststeuerung (self-management)
  • Soziale Wahrnehmung (social awareness)
  • Soziale Fähigkeiten (social skills)
  • Rücksichtsvolle Entscheidungen treffen (responsible decisionmaking)

Die 30 erstmals für das System gewählten Themen lassen sich den Kernfähigkeiten wie folgt zuordnen:

  • Selbstwahrnehmung:  Akzeptanz, Dankbarkeit, Fröhlichkeit, Humor, Individualität, Kreativität, Selbstvertrauen
  • Selbststeuerung:  Ausdauer, Entschlossenheit, Geduld, Mut, Selbstbeherrschung
  • Soziale Wahrnehmung:  Bescheidenheit, Freundlichkeit, Großzügigkeit, Mitgefühl, Respekt, Toleranz, Zusammenhalt
  • Soziale Fähigkeiten:  Ehrlichkeit, Engagement, Liebe, Liebenswürdigkeit, Vergebung, Zusammenarbeit
  • Rücksichtsvolle Entscheidungen treffen:  Gemeinsinn, Integrität, Loyalität, Verantwortung, Weisheit

Die im System verwendeten Materialien (Bücher, Themenkärtchen, Plakate, Pins, Stickers, Banners)  sind so gestaltet, dass es den Lehrern sehr leicht fällt, sie ohne spezielle Ausbildung oder Training unmittelbar einzusetzen.  Sie erzielen sehr schnell Ergebnisse, indem sich das Verhalten der Kinder verbessert, sie selbstmotiviert, ruhiger werden und miteinander und mit den Lehrern besser umgehen.

Märchen, Fabeln und Tiergeschichten mit Kindern haben im Lauf der Geschichte dazu gedient, alle möglichen Themen zu transportieren.  Hier wird diese altbewährte Methode wohl verfeinert verwendet, um einen Beitrag zur Verbesserung der sozio-emotionalen Verhältnisse in der Schule und im Leben der Kinder zu erbringen, was nachweislich – anhand von umfangreichen, langjährigen Studien – auch zu einer Verbesserung der intellektuellen Entwicklung der Kinder führt.

Traditionell lernen Kinder sozio-emotionales Verhalten im familiären Umfeld durch Vorbilder, Erzählungen, Geschichten, Märchen, Fabeln. Das Beispiel transportiert Emotionen und Werte.

Defizite im sozio-emotionalen und sozio-ökonomischen Umfeld werden besonders durch leicht fassbare, durchaus anspruchsvolle Lehrinhalte und Materialien ausgeglichen. Die verschiedenen Programme helfen Kindern und Jugendlichen, die essentiellen Werte und Fertigkeiten zu erlernen, die für ein selbstbestimmtes und chancenreiches Leben in Gemeinschaften Voraussetzung sind.

Im Kindergarten werden acht Emotionsthemen auf spielerische Weise mit farbenfrohen Büchern, Plakaten, Kärtchen, Plüschtieren etc. so bearbeitet, dass die Kinder ihre eigenen und die Emotionen anderer erkennen und damit umgehen lernen.  Verhaltensauffälligkeiten gehen zurück, sie werden ausgeglichener und integrieren sich besser in die Gruppe.

In der Vor-, Volks- und Mittelschule werden pro Monat über mehrere Schuljahre hinweg eines von 30 Werte-Themen in Büchern, Plakaten, Bannern, Filmen, Arbeitsblättern, ab zehn Jahren vorwiegend online, bearbeitet.  In den Geschichten repräsentiert ein Tier den jeweiligen Wert und bringt ihn mit Kindern unterschiedlicher Länder, Herkunft, Hautfarbe, etc. näher und zeigt Handlungsvarianten auf.  Die Texte sind altersadäquat anspruchsvoll in Wortschatz und Ausformulierung.  

Fünf Programme

  • CLIWI-Emotionen:  3-5 Jahre / Emotionsselbstregulierung – 8 Themen
  • Kernprogramm Elementarschule 4-10 Jahre / Kernkompetenzen – 2 Stufen, je 30 Themen
  • Fähigkeiten des 21. Jahrhunderts 4-10 Jahre / Erfolgskompetenzen – 2 Stufen, je 10 Themen
  • Verantwortungsvolle Staatsbürger 4-10 Jahre / Gemeinschaftswerte – 2 Stufen, je 10 Themen
  • Kernprogramm Mittelschule 9-14 Jahre / Kernkompetenzen – 30 Themen (vorw. online)

Fazit

Junge Menschen in unserer Gesellschaft sollen, unabhängig von Herkunft, Elternhaus, etc. gleiche Chancen erhalten, ihre sozialen, emotionalen und intellektuellen Talente zu entwickeln.  Sozio-ökonomisch und sonst bedingte Defizite und Nachteile können durch frühe Bildungsmaßnahmen ausgeglichen und ergänzt werden, damit in der Folge elementare und höhere Bildung erfolgreich werden – als Schlüssel zu Wohlstand und als Basis für ein sinnerfülltes Leben in der Gemeinschaft.

Am effektivsten wird Chancen-Fairness erreicht, wenn familiäre, gemeinschafts- und schul-gebundene Strukturen einander ergänzen bzw. wenn fehlende Strukturen kompensiert werden.

Motivierte, begeisternde Lehrende mit den entsprechenden Tools bewirken viel mehr als strukturelle Maßnahmen.

C9W leistet einen Beitrag zur Erreichung eines möglichst ausgewogenen Verhältnisses zwischen familiären, sozialen und beruflichen Schwerpunkten bei Kindern und Jugendlichen; das Erreichen sozio-emotionaler und intellektueller Ziele wird so stark gefördert.  Es gibt Verbesserungen in der emotionalen Stabilität und der Selbstregulierungsfähigkeit der Kinder, in den kommunikativen und verhaltensrelevanten Eigenschaften und letztlich auch eine Verbesserung der Konzentrations- und der intellektuellen Fähigkeiten.

Lehrende erhalten ein Bildungs-Ergänzungs-Tool, das sie -selbst ohne Schulung- sofort einsetzen können und das schnelle, nachweislich langanhaltende Ergebnisse zeitigt!

Das Kulturgut Buch findet zudem großen Anklang bei den oft sozio-ökonomisch benachteiligten Kindern; sie nehmen die Bücher mit nach Hause und die Familien werden in diesen Lernprozess miteinbezogen!

Ja, und wie kam ich denn überhaupt dazu?

Vor einigen Jahren war ich auf dem Weg nach Las Vegas zu einer FinTech-Messe und habe Schulfreunde aus Kolumbien in Miami besucht.  Eine liebe ‚alte‘ Schulkollegin aus der Highschool-Zeit hat mir von ihrem Schulprojekt erzählt, von ihrer Motivation und den Erfolgen damit.  Konzept, Unterlagen und ihre Erzählungen haben mich begeistert.

In meiner manchmal doch unbekümmerten Art habe ich sie gefragt, ob schon jemand in Europa mit dem System arbeite, woraufhin sie mir sagte, dass sie nur in beiden Amerikas tätig sei und ich gerne „Europa haben könnte“.

In der Zwischenzeit habe ich Europa ein bisschen nach hinten verschoben, obwohl ich eine 5-sprachige Homepage habe, und konzentriere mich vorläufig auf Österreich, eigentlich Wien.

Das ist schon schwer genug und geht sehr langsam.