Mit Aug‘ und Ohr – also die Hofburg zu Wien

Erst als wir ihn nicht mehr gehabt hatten, unseren Tempel in der Hofburg, ist uns bewusst geworden, was für uns, die Geschwisterkette, Heimat auch bedeuten kann.

Freimaurerisch kann man ja überall arbeiten – mit der Arbeit im Tempel ist es aber niemals zu vergleichen. Als im Winter des letzten Jahres die große Flut buchstäblich über unserem Tempel ausgebrochen war und wir so gastlichen Unterschlupf bei unserer Geschwisterloge gefunden hatten, sind wir sehr dankbar gewesen aber doch haben wir gespürt, was es bedeutet, quasi „heimatlos“ zu sein. Einige Monate später waren wir wieder daheim hier in der Hofburg, hier in diesem Raum, in unserem Tempel.

UND es ist wunderbar.

UND wir haben ein Dach über dem Kopf – wir haben sogar ziemlich viel Dach über unseren Köpfen, 210.000m2 das entspricht ziemlich genau 25 Fußballfeldern.

So entstand mein Wunsch, diesen Ort, den Raum, den Bau und seine Geschichte zu erzählen.

Alle kennen wir sie, die Wiener Hofburg. Aber wissen wir, wie sie eigentlich entstanden, gewachsen ist?

Erinnern wir uns an ihre historische, kulturgeschichtliche und politische Bedeutung?

Mit  Aug’und Ohr will ich mich mit euch auf eine Reise durch 700 Jahre begeben, beginnend mit dem  Mittelalter als im 13. Jahrhundert  mit dem Bau dieser befestigten Wehranlage, der „Alten Burg“, begonnen worden war.

Die gotische Burg war eine sehr einfache Anlage: ein von vier Türmen beschütztes und von drei Trakten umgebenes Geviert mit hölzernen Wehrgängen an der Innenseite und einer einfachen Einfahrt. Der Radbrunnen im Hof versorgte die Bewohner mit Wasser, daneben befanden sich freistehende Stallgebäude und hölzerne Wirtschaftschuppen. Bessere Holzdecken und schönere Täfelungen gab es nur in den Prunkzimmern. Die Habsburger Herzöge erweiterten ihre Residenz ständig mit zusätzlichen Bauten, wie einem Tanzsaal und einer Burgkapelle mit angeschlossener Schatzkammer, in der die wertvollen Kleinodien aufbewahrt wurden. Ein wichtiger Bauteil war der außergewöhnlich massige Widmertorturm, in dem Rudolf, der Stifter, an der Stätte seiner Geburt, eine Allerheiligenkapelle stiftete, aus der das Domkapitel von St Stephan hervorging. Auch die Gründung der „Alma Mater Rudolfina“, der Wiener Universität im Jahre 1365 ist diesem ehrgeizigen und diplomatischen Habsburger zu verdanken. Höchst zielstrebig gelang ihm auch die Erwerbung von Tirol, ein politischer Erfolg von größter Tragweite.

Die mittelalterliche Burganlage ist in ihrem Kernstück bis heute erhalten, nur die 4 Ecktürme, der größte Teil des Burggrabens und die Zugbrücke mussten im Lauf der Zeit den Neuerungen weichen.

Wenn auch die Alte Burg für die Habsburger nicht unbedingt die bedeutendste Residenz gewesen ist – sie saßen ja meist im Sattel zur Visitation und Verteidigung  ihrer Herrschaftsbereiche – so waren die Eroberungen der östlichen Gebiete des Reiches durch den ungarischen König Matthias Corvinus, der mit seiner Gattin Beatrix in der  Wiener Hofburg Quartier nahm, für den zögernden Kaiser Friedrich III. ein großes Problem. Als aber dann der kränkliche Ungarnkönig 1490 in der Wiener Burg starb, besetzte sein Sohn Maximilian I. sogleich Stadt und Burg. Er ließ umfassende Ausbesserungen durchführen, z.B. wurde der Innenhof gepflastert, für damalige Verhältnisse eine ungeheuere Neuerung, das große Vogelhaus erneuert und für seine persönliche Bequemlichkeit ein Zimmer ausgestattet. Besonderes Augenmerk wurde auf die Wehranlagen gelegt. Denn noch sehr gut konnte sich Maximilian an seine frühe Kindheit erinnern, als er mit Vater und Mutter von einem wütenden, aufgehetzten Wiener Pöbel tagelang in der Burg belagert worden war.

Ein einschneidendes Ereignis ergab sich für den alternden Kaiser Maximilian I. im Jahr 1515 als es in Wien zu Verhandlungen und persönlichen Zusammenkünften dreier mitteleuropäischer Herrscher kam.

Maximilian I. gilt als erfolgreichster Anwender seiner Heiratspolitik.

Seit längerem hatte er schon versucht, die erworbenen Rechte auf die Erbfolge in Ungarn nicht allein politisch zu sichern. Seine Enkelkinder, Karl, Ferdinand und Maria waren zwar noch jung, er aber plante deren Leben bereits weit in die Zukunft, folgend seinem Motto:

Bella garant alii, tu felix Austria nube

Andere mögen Kriege führen, Du glückliches Österreich heirate!

So lag es Nahe, die gefährdeten Ansprüche durch familiäre Bindungen

zu festigen. Nach langwierigen Verhandlungen einigte man sich auf Wien und die Alte Burg als Ort des Zusammentreffens.

Unter größter Prunkentfaltung erfolgte am 17. Juli 1515 der feierliche Einzug der Herrscher und ihres Gefolges. König Wladislaw von Ungarn und Böhmen erschien mit seinem Sohn Lajos/Ludwig und seiner Tochter Anna, sein jüngerer Bruder König Sigismund von Polen mit seiner Gattin Barbara. Es war ein unbeschreibliches Spektakel mit Pauken und Trompeten, als der Zug der Gäste auf das große Turnierfeld vor der Burg – dem heutigen Inneren Burghof –  zog, um dort empfangen zu werden. Eigens hatte der Hofkomponist Heinrich Isaasc seine Musiker aufspielen lassen und das hat dann wohl so geklungen:

HEINRICH ISAAC:  FANFARE Ensemble Jordi Savall

Und zwei Tage darauf eröffnete Kaiser Maximilian I. mit einer fast einstündigen Rede in der Burg den Kongress. Die schwierigen Beratungen dauerten 4 lange Tage. In dieser Zeit herrschte überall ungetrübte Feststimmung. Turniere, Theateraufführungen und Tanzveranstaltungen – im großen Tanzsaal in der Burg – wechselten in bunter Folge und für alle gab es genug zu staunen.

Schlussendlich wurde im Stephandom am 22. Juli mit großem Pomp die Doppelvermählung der beiden Fürstengeschlechter vollzogen, wobei dem  Prinzen Ludwig von Ungarn Erzherzogin Maria angetraut wurde, Kaiser Maximilian aber für einen seiner Enkelsöhne – es stand noch nicht fest, für welchen – der ungarischen Prinzessin Anna die Ehe gelobte.

Anna schließlich wurde mit dem jüngeren Enkel, dem späteren Kaiser Ferdinand I., verheiratet. Es war eine glückliche und kinderreiche Verbindung: 10 Mädchen und 3 Buben wurden geboren, wovon Maximilian II. später Nachfolger seines Vaters, Kaiser Ferdinand I. geworden ist.

 Die beiden Königreiche Ungarn und Böhmen blieben trotz mancherlei Schwierigkeiten bis 1918 Erblande der Habsburger – so lang kann’s dauern!

Aber zurück zu unserer Hofburg.

Einschneidende Veränderungen ergaben sich, als Ferdinand, Enkel Kaiser Maximilians, von Spanien nach Österreich gesandt wurde, um hier sein großväterliches Erbe anzutreten. Er war in Madrid erzogen worden, kannte unsere Sprache und Bräuche nicht und mag vielleicht entsetzt gewesen sein, die engen, unansehnlichen Gemäuer der Wiener Burg bewohnen zu müssen. Seinen spanischen Einfluss kann man heute noch nachvollziehen, wenn wir an das Spanische Hofzeremoniell des Wiener Hofes bis ins späte 19. Jahrhundert denken oder wenn wir in den Prado gehen aus dem die Wiener den Prater gemacht haben, ebenso wenn wir demnächst in die ersten gelben Früchte, die Marillen, beißen werden.

Und er entschied sich, hier seine Residenz aufzuschlagen:

Aus einer Schrift von Casimir Frescho: Memoirese de la Cour de Vienne.

„Die alte Burg ist erbärmlich. Ihre Mauern haben eine Dicke wie jene der stärksten Wälle; die Treppen sind armselig und ohne Zierde; die Gemächer niedrich und enge mit Decken von gemalter Leinwand ; die Fußböden aus Brettern von Tannenholz wie in dem mindesten Bürgerhause: kurz alles so einfach, als ob es für Mönche erbaut wäre. Dem ist noch hinzuzufügen, dass statt irgendeines Garten nur ein kleiner umschlossener Raum unter den Fenstern der Kaiserin vorhanden ist, in welchem man einige Blumen pflanzt und ein wenig Grün unterhält.“

1529, nach der glücklich abgewehrten Türkengefahr, beschloss er, die Stadt zu einer uneinnehmbaren Festung auszubauen. Zunächst mussten die Schäden an den verschiedenen Gebäuden beseitigt werden.

Ferdinand I., ein Freund der Blumen und Tiere, ließ auch gleichzeitig zu seiner Erholung den im Bereich der heutigen Winterreitschule gelegenen oberen und unteren Lustgarten mit einer Treppenanlage verbinden und im unteren Garten ein neues Ballhaus erbauen. Zur Erinnerung an die Entstehung wurde beim Eingang eine Wappentafel angebracht, die dann, im 18. Jahrhundert an die Nordseite in die Nähe des Burggrabens übertragen worden ist, wo wir sie heute noch sehen können. (Innerer Burghof )

Trotz intensiver Bautätigkeit herrschte in der Burg weiterhin großer Raummangel. Als Erzherzog Ferdinand und Herzogin Katharina von Mantua – eine Tochter Ferdinands – in Wien zu Besuch waren, mussten im Salmschen Haus, auf den Gründen des heutigen Palais Pallavicini, einige Zimmer  für sie eingerichtet werden, weil in der Residenz keine geeigneten Räume zur Verfügung standen.

So entschloss sich der Landesfürst für seine übrigen Kinder auf der Burgbastei in Verlängerung des Westturmes ein neues Gebäude aufführen zu lassen. Es handelt sich um einen dreigeschossigen, schmalen Baukörper, den Teil über der heutigen Durchfahrt vom Platz „In der Burg“ auf den Heldenplatz.

Die nächsten Bauprojekte bringen gewaltige Veränderungen.

Das Gelände südlich der Alten Burg – der heutige Josefsplatz – wurde seit 1565 als Roß –Thumblplatz benützt und dort ein erstes Reitschulgebäude geschaffen. In der Einganshalle der Nationalbibliothek kann man im Geiste noch heute das lebhafte Getrappel der Spanischen Pferde hören. 

 Und es ließ sich Maximilian II. außerhalb des Burgareals eine neue Residenz, die „Neue Burg, erbauen. Später wurde der Bau in das Neues Hofstallgebäude umgewandelt. Unter Kaiser Karl VI., dem Vater von Maria Theresia, verwendete man das Gebäude als Heimstatt der Spanischen Hofreitschule und das ist es bis heute geblieben.

Der Platzmangel in der Alten Burg stieg weiter dramatisch an. Die Lösung die sich anbot war ein Neubau gegenüber der Alten Burg, ohne dabei den weitläufigen Turnierplatz zwischen den beiden Komplexen zu verlieren. Die Neue Burg, später Amalienburg genannt, sollte den repräsentativen Abschluss des Turnierplatzes bilden. An den drei ungewöhnlichen Uhren – einer astronomischen, einer Sonnenuhr und einer Normaluhr, unter dem barocken Türmchen lässt sich dieser Bau leicht erkennen.

Maximilian war mittlerweile in die Alte Burg übersiedelt und hatte Erzherzog Ernst, seinem zweitgeborenen Sohn die Amalienburg jetzt als „Neue Burg“ benannt als Wohnsitz überlassen.

Maximilian selber sammelte mit Leidenschaft Kunstwerke und förderte in großzügiger und vielseitiger Weise die zeitgenössischen Künste und Wissenschaften. Auch haben wir ihm die Gründung der Spanischen Hofreitschule in Lippizza zu verdanken. Für seine großen Bauvorhaben suchte er tüchtige italienische Architekten zu gewinnen: der kaiserliche Gesandte in Venedig unterhandelte unter anderem mit Palladio. Doch infolge des Kaisers kurz beschiedenen Regierungszeit blieben seine Pläne weitgehend unvollendet. Außer der Stallburg und Amalienburg sei aber noch das „Neugebäude“, ein mit allen Raffinessen ausgestatteter Renaissancelandsitz in Kaiser-Ebersdorf bei Wien genannt. Maria Theresia verwendeten 200 Jahre später diesen für sie nutzlosen Bau als Munitionsdepot und entschied, dass die wunderbar wertvollen Marmorsäulen aus dem Renaissancepalast zum Verbau der Gloriette am Schönbrunner Berg verwendet werden sollten.

Die bauliche Gesamterscheinung der Hofburg im 16. und 17. Jahrhundert wird einige Male mit wenig schmeichelhaften Worten geschildert:

Dieser Palast ist so hässlich wie nur irgendeines der Häuser in der Rue des Lombardes zu Paris. Ein Tor, aus Brettern wie zu einer Scheune; an demselben nur auf einer Seite ein kleines Pförtchen; ein Hofraum so engen, dass sich in ihm mit einer Kutsche ohne Schwanenhals gar nicht umkehren lässt:“

Hier wird über die Einfahrt durch das berühmte Schweizertor gerügt.

Diese sicherlich zutreffenden Urteile lassen sich leicht erklären. Die Hofburg lag seit jeher in unmittelbarer Nähe der Stadtmauer, bildete sogar zum Teil die Befestigungen. Angesichts der ständigen Bedrohung durch die Türken gewann der befestigte Charakter immer mehr an Bedeutung.

Unter den drei Kaisern des 17. Jahrhunderts, jeweils Ferdinand genannt, sind an der Hofburg wenige Veränderungen vorgenommen worden. Bedingt durch Kriegs- und Notzeiten – wir schreiben den 30 jährigen Krieg – wurden nur die allernotwendigsten Verbesserungen bzw. Verstärkungen an den Bastionen und Befestigungswerken energisch in Angriff genommen.

Die 1531 errichtete Burgbastion – der so genannte Spanier – war bisher nicht viel als ein gemauerter Zwinger, der unter Ks. Ferdinand II. zu einem gewaltigen Erdwerk ausgebaut wurde. Erst unter Kaiser Leopold I. hatte man die Bastion mit Ziegelmauerwerk verkleidet und an der Farce des endlich vollendeten gewaltigen Bollwerks den kaiserliche Adler angebracht.

LEOPOLDUS ROM.IMP.GERM.HUNG.BOHEM.ZC.REX

REX ARCHIDUX AUSTR.PROPUGNACVLUM HOC

MURO OBDUCI.CURAVITANNO M.D.CLIX. 1659

Wie aber konnte man die Residenzstadt auf diese Seite verlassen?

Die Verbindung aus der Stadt führte durch das Widmertor neben der Burg in den „Spanier“, eine mächtigen  Mauerspitze, und aus diesem durch eine den Wall durchstoßende gekrümmte Durchfahrt auf die eigentliche Bastion; dann lief die Verbindung weiter hinter deren Wall und danach unter diesem hindurch, abermals sich wendend, auf einer langen hölzernen Brücke zwischen Bastion und Ravelin über den Stadtgraben in den gedeckten Weg und weiter gegen das freie Land.

Du das war der heutige Heldenplatz und die Querung der Ringstraße, die ich euch soeben beschrieben habe- man glaubt es kaum!

Mit dem Regierungsantritt von Kaiser Leopold I. machten sich bereits die neuen Kunst- und Bildungsideale des Barockzeitalters bemerkbar.

Die Neigung zur Errichtung monumentaler Bauwerke kündigte sich bei diesem sprachbegabten, gebildeten und musikalischen Monarchen schon früh an, wenngleich Geldmangel und die schwierigen Zeitläufte die volle Entfaltung behinderten. Einen Entschluss fasste Leopold dennoch im Jahre 1660. Es sollte zwischen dem seinerzeit für die Kinder Ferdinands I errichteten Trakt beim Widmerturm und der Amalienburg anstelle der alten Stadtmauer ein stattlicher Neubau entstehen. Die von Philibert Lucchese ausgearbeiteten Pläne fanden die Zustimmung des Kaisers, die Ausarbeitungen wurden den ebenfalls aus Italien stammenden Baumeistern Martino und Domenico Carlone übertragen. Bereits 7 Jahre später konnte zu Jahresende die Kaiserinwitwe Eleonora von Mantua mit ihrem Hofstaat und der Kaiser selbst den Neubau beziehen. (Dazu fällt mir das Krankenhaus Nord ein). Nur 2 Monate später brach ein gewaltiger Brand aus, der ganze Trakt wurde ein Raub der Flammen, brannte vollständig aus und stürzte ein. Die als wunderbar angesehen Rettung einer Kreuzpartikel aus der Kammerkapelle bildete den Anlass zur Gründung des Sternkreuzordens durch Eleonore von Mantua.

Leopold gab sofort den Auftrag, den Trakt wieder zu errichten, diesmal etwas breiter und länger als den ersten. Die Arbeiten gingen nicht so flott voran, wie es der Kaiser gerne gesehen hätte – es fehlte an Geld. Erst 1681 wollte man den Leopoldinischen Takt wieder beziehen, musste aber feststellen, dass weder Türen noch Öfen vorhanden waren…..

Die Ursache des Brandens wurde übrigens von Wiener Bürgern der jüdischen Gemeinde zugeschrieben, es kam zu tätlichen Angriffen und brutalen Zerstörungen.

Anlässlich seiner Vermählung mit der spanischen Infantin Margarita Teresa  (die wunderbaren Gemälde von Diego Velasques kann man im Kunsthistorischen Museum bewundern) ließ im Südwesten der Hofburg dieser musikalische Kaiser durch den begnadeten Architekten Lodovico Burnacini ein neues, hölzernes drei Ränge hohes Opernhaus mit einem Fassungsraum für 5000 Personen auf der „Cortina – der Stadtmauer – im Bereich des heutigen Burggartens errichten. Zum Vergleich: Die Wiener Staatsoper hat einen Fassungsraum vom ca.2100 Besuchern, Stehplätze mitgerechnet.

Die nächsten Jahre sahen keine größeren Bauten im Bereich der Hofburg. Dem Schloss Schönbrunn und der Favorita galt das Hauptinteresse der Habsburger.

1683 – die Befreiung Wiens und die Siege Prinz Eugens in Ost und West ermöglichten Österreich den Aufstieg zur Weltmacht.

Erst jetzt waren die politischen Voraussetzungen auch gegeben, aus der Hofburg – bisher mehr Festung als kaiserliche Residenz – den Palast eines großen Herrschers zu machen. Offenbar hatte sich schon Kaiser Leopold in seinen letzten Jahren mit solchen Absichten getragen. Sein Sohn und Nachfolger Josef I., der Johann Bernhard Fischer von Erlach zu seinen Lehrern zählte, hatte vermutlich ebenso große Pläne, die durch seinen plötzlichen Tod nicht realisiert werden konnten.

Sein Bruder Kaiser Karl VI. verkörpert den typischen barocken Bauherren und Mäzen. Er verlieh dem Begriff der Majestät besondere Bedeutung und so kam es zu einer nie da gewesenen Prunkentfaltung.

Der letzte Spross der Habsburger ließ sich die Förderung der Architektur als äußeres Zeichen der Macht und des Triumphes besonders angelegen sein.

G.F.HÄNDEL: LA REJOUISSANCE aus der Feuerwerksmusik

Hochbegabte Künstler standen ihm zur Durchführung zur Seite. Gleich nach Karls Ankunft aus Spaniern erhielt 1712 Lukas von Hildebrandt den Auftrag, den Torbau zwischen dem Kohlmarkt und Innerem Burghof zu einer monumentalen Triumphpforte umzugestalten. Der neue Torbau hatte drei Durchgänge und war mit figuralen Reliefs und Trophäen geschmückt. Dieses Bauwerk musste allerdings schon 1728 der neuen Reichskanzlei weichen.

Den umfangreichen Plänen von Lucas von Hildebrandt zur gesamten Umgestaltung der Hofburg wären die ältesten und größten Teilen Neubauten zum Opfer gefallen. Geldmangel hat diese großzügigen Pläne allerdings nicht zur Ausführung gelangen lassen.

Letztendlich hat der jüngere Fischer von Erlach seinen Entwurf ausführen können, weil es zweifellos die einheitlichste Lösung darstellt und in der Gasemtplanung nicht zu kostspielig war. Aber immer wieder blieb aus Geldmangel der Bau stecken, wurde nur halbfertig und schien manchmal einer kuriosen Ruine nicht unähnlich. Erst 1889 wurde nach manchen Fehlschlägen die Michaelerfront im Sinne von Fischer fertig gestellt. Für den Schmuck der Portale schuf der Venezianische Hofbildhauer Lorenzo Mattielli vier überlebensgroße Gruppen des Herakles, die auch heute noch die Durchgänge des Inneren Burghofes zum Michaelerplatz flankieren.

Zu den bedeutendsten Leistungen unter Karl VI. zählt allerdings die Erbauung der Hofbibliothek. In der Vergangenheit waren die reichen Bestände oft übersiedelt worden, manchmal unter misslichsten Verhältnissen gelagert. Schon Kaiser Leopold hatte sich Gedanken zur Unterbringung der Sammlung gemacht. Sie sollte im Obergeschoss der Reitschule untergebracht werden. Für Kaiser Karl war das keine Option, er gab Auftrag, neue, zeitgemäße Pläne vorzulegen.

Als Johann Bernhard Fischer von Erlach seine Pläne vorlegte, fand er die Zustimmung des Kaisers und es konnte mit dem eleganten Bau begonnen werden. Die malerische Ausschmückung führte Daniel Gran durch. Im Prunkraum der heutigen Nationalbibliothek befinden sich an die 120.000 Folianten, darunter die fast vollständige 1500 Bände umfassende Sammlung des Prinzen Eugen von Savoyen, die nach seinem Tod vom Kaiser angekauft worden war.

Auf Kaiser Karl geht noch ein drittes Bauwerk zurück, die Winterreitschule. Auf einem 1725 datierten Projekt für die gesamte Hofburg findet sich eine urkundliche Notiz von dem jüngeren Fischer, dass er den Auftrag habe, eine neue Reitschule zu bauen. Diese Arbeit dauerte 5 Jahre, es wurde der gewaltige Dachstuhl aufgesetzt, den man im Rahmen einer Führung durch die Spanische Reitschule begehen kann.

Das alte Ballhaus am Michaelerplatz war in ein Theater umgewandelt worden und als Ersatz für das aufgegebene Ballhaus wurde ein neues am Ende der Schauflergasse errichtet, das bis 1903 bestand und dem Ballhauspplatz seinen Namen gab. Das unter Josef I, errichtete Opernhaus am Tummelplatz/ Josefsplatz wurde in die Redoutensäle integriert und schon 1748 fand dort der erste Maskenball statt.

Über Verordnung von Maria Theresia wurde eine Apotheke erworben und in die Stallburg verlegt, wo sie bis vor einigen Jahren noch treue Dienste versehen hat, danach zu einem Lipizzanermuseum umfunktioniert wurde das wenig rentabel war und heute bekommt man dort finger food und coffe to go, gleich neben den Pferden.

Die Regierungszeit von Kaiser Franz I. Stefan von Lothringen und der Königin von Ungarn und Böhmen Maria Theresia zeigen in der Hofburg nur geringe Bauvorhaben wie Erneuerungen, und Ausbesserungen. Beider Interesse lag im Ausbau der zukünftigen offiziellen Sommerresidenz Schloss Schönbrunn. Zu erwähnen ist da der Bau der Gloriette am Schönbrunner Berg, den die Königin anläßlich ihres militärischen Sieges über die preussischen Truppen und ihren verhassten Erzfeind Friedrich II., den Großen als Ausdruck der Glorie des Hauses Habsburg- Lothringen errichten ließ.

Franz Stefan ist nicht so sehr als Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation hervorgegangen als viel mehr als der geschäftstüchtigste Kaiser der Dynastie. Er gründete Manufakturen und belieferte die preußische Armee mit Waffen, als diese gegen seine Frau kämpfte. Bei seinem Tod 1765 hinterließ er Maria Theresia ein Vermögen von, nach heutigem Kaufwert, ca., 72 Mio. – nicht schlecht!

Einen Teil, nämlich 12 Mio. verwendete sie für die Tilgung der Staatschulden, mit nochmals 6 Mio. € gründete sie den Familienversorgungsfonds, der bis 1919 bestanden hat, Privatvermögen waren davon ausgenommen.

 Und  Kaiser Josef II., der Sohn?

Als Mann der Aufklärung hatte er keinerlei Verständnis für Prunk und Pomp. Sein Interesse lag bei den Reformen des täglichen Lebens im Sinne der Aufklärung ähnlich dem  deutschen König Friedrich, mit dem er befreundet war; sehr zum Verdruss von Maria Theresia, die den „schlechten Einfluss“ auf ihren Sohn fürchtete. Allerdings zeigte Josef großes Interesse an der Änderung des Burgtheaters in eine nationale Bühne in der ausschließlich Werke von deutschsprachigen Autoren und Musikern aufgeführt werden sollten.

Der Erfolg ließ allerdings zu wünschen übrig und so ging man im Laufe der Zeit wieder zur gemischten Programmgestaltung über – Haydn, Mozart, nur ganz wenig Salieri. Mit dem Tod Josefs und der sehr kurzen Regierungszeit seines Bruders Leopold II. war der aufklärerische und sehr wirtschaftliche Erfolg des Landes beendet, Kaiser Franz II., dessen Tante Marie Antoinette in Paris am Schafott hingerichtet worden war, hegte große Ängste, dass die freiheitlichen Ideen der Französischen Revolution in sein Reich eindringen würden. So entstand unter Mitwirkung des klugen, genialen aber machtgierigen Kanzlers Fürst Metternich ein Polizeistaat in dem freie Rede und Versammlungsfreiheit höchst gefährlich geworden waren. Die Menschen reagierten darauf mit besonders gemütlichen und bequemen Wohnungseinrichtungen, mit geselligen Abendveranstaltungen im kleinen Kreis der eigenen 4 Wände. Selbst in der Wiener Hofburg fand der neue Stil seinen Platz, alles wurde biedermeierlich.

Napoleon, der 1805 Wien besetzt hatte, mag verwundert gewesen sein über die bequeme Einfachheit; denn in seinem Reich war eine andere großzügigere Moderichtung vorherrschend – das Empire. Besonders deutlich sieht man das auf einem Gemälde in der Wiener Schatzkammer: Kaiserin Marie- Luise im Hochzeitskleid anlässlich ihrer Vermählung mit Kaiser Napoleon in Paris.

Eine zweite Besetzung Wiens durch die Franzosen brachte bei deren Abzug erhebliche Schäden an der Burgbastion, die von den Truppen auf Anordnung des Französischen Kaisers gesprengt worden waren.

Schon in der Vergangenheit hatte man immer wieder Pläne zu einer größeren Stadterweiterung erwogen. Nach dieser Sprengung wurden neuerliche Überlegungen angestellt. Aber noch war es nicht so weit.

 Napoleons Bonaparte, der nach seinem desaströsen Russlandfeldzug und der verlorenen Völkerschlacht bei Leipzig abdanken musste, wurde in die Verbannung nach Elba geschickt.

Unter der klugen und staatsmännischen Leitung des Kanzlers Fürst Metternich kamen alle Potentaten nach Wien, um an einem „runden Tisch“ – er war eigentlich gar nicht rund – über eine Neuaufteilung Europas zu verhandeln.

In der Burg selber wohnten als Gäste des stets anwesende Hausherr Kaiser Franz, Zar Alexander von Russland, der sich in erste Linie in Wien mit der Weiblichkeit vergnügte, ferner der vornehme und würdevolle König Wilhelm von Preußen, der im Volk bald beliebte König Frederik VI. von Dänemark und der als grob verschrienen König Friedrich von Württemberg.

Der Auftakt zum berühmten Wiener Kongress erfolgte mit einer Redoute bei Hof, an der 12.000 Menschen teilgenommen haben sollen. Die Winterreitschule und der Redoutensaal waren durch 8000 Wachskerzen erhellt. Die Herrscher und Mächtigen verfügten über Thronhimmel, überall gab es Buffets mit den köstlichsten Erfrischungen und Getränken aber auch ein ungeheures Gedränge.

Dennoch konnte man das Tanzbein schwingen zu Musik, die vielleicht so geklungen hat:

FRANZ SCHUBERT. GRAZER GALOPP

Dieses wichtige Treffen hatte am 2. Oktober 1814 begonnen und ging viel später als erwartet im Juni 1815 mit der Unterzeichnung der Kongressakte zu Ende.

Damit begann eine verhältnismäßige friedliche Periode, die bis 1848 währen sollte.

Kurze Zeit später wurde das alte Burgtor und der gesprengte „Spanier“ abgetragen und ein neues Äußeres Burgtor durch Peter Nonbile erbaut; die feierliche Einweihung fand am 10. Jahrestag der Völkerschlacht zu Leipzig statt.

Der junge Kaiser Franz Josef I. hatte mittlerweile die Kaiserwürde von seinem sehr kranken Onkel Ferdinand, der Gütige, übernommen; damals konnte er nicht wissen, dass er dereinst der am längsten dienende Kaiser des Reiches werden würde. 68 Regierungsjahre, das ist schon eine sehr lange Zeit.

Die Wohnungsnot in der Haupt- und Residenzstadt wurde immer drückender spürbar, eine Lösung musste gefunden werden. Mit dem berühmten Handschreiben erließ der Kaiser Franz Josef I. am 20. Dezember 1857 die Stadterweiterung mit den folgenden Worten:“ Es ist Mein Wille, dass die Erweiterung der Inneren Stadt….. ehestmögliich in Angriff genommen wird.“

In diesem Erlass wird auch festgehalten, dass auf die nötigen Gebäude für Museen und Galerien Bedacht zu nehmen sei.

Zur Planung der großzügigen Erweiterungen wurde ein internationales Komitee eingeladen, zu dem auch der damals schon sehr bekannte Architekt Gottfried Semper zählte. Die Jury ließ sich die verschiedenen Entwürfe der Teilnehmer vorlegen und schlussendlich entschied man sich für den Wiener Architekt und Baumeister Carl Hasenauer. Gemeinsam mit Gottfried Semper wurde dann das sogenannte Kaiserforum entwickelt und leicht abgeändert errichtet, so wie wir es heute sehen können:

Am Heldenplatz steht jetzt die Neue Burg mit ihren unterschiedlichsten Sammlungen, gegenüber am Maria Theresienplatz die beiden markanten Bauten des Kunsthistorischen und Naturhistorischen Museums und als schönen Abschluss im Hintergrund die ehemaligen Hofstallungen, heute das beliebte Museumsquartier.

Der Heldenplatz selber, dessen Name von den beiden übergroßen Reiterstandbildern stammt, hieß damals volkstümlich Promenadenplatz.

Nach dem Verlust des Ersten Weltkrieges und dem Zerfall der österreichisch-ungarischen Doppelmonarchie diente der Heldenplatz als Kundgebungsplatz aller politischen Lager.

Am 15. März 1938 verkündete Adolf Hitler quasi als Geste des Triumphes über die Vorgängerregierung vom Balkon der Neuen Burg aus, den versammelten Massen auf dem Heldenplatz den „Anschluss Österreichs“ an das Deutsche Reich

FRANZ LISZT: TRAUERMARSCH

…und dann fielen die Bomben und fielen und fielen … 

Und jetzt? Wieder ist der Heldenplatz Versammlungsort mehr als das, Treffpunkt und Platz für Erholung. Und jedes Jahr, am 8. Mai, wird an diesem Platz feierlich der Tag der Freude begangen – und es bleibt Freude!

Heute so viele Jahre später und um so viele Erfahrungen hoffentlich reicher sehen wir die Wiener Hofburg in einem neuen Licht. Obwohl sie niemals einem Gesamtkonzept oder einheitlicher Planung unterworfen war, ist ein historisches aber auch zeitgemäßes Gesamtkunstwerk im Herzen unserer Stadt gewachsen.

Jedes Mal, wenn ich nach  getaner Arbeit im Tempel hinaus gehe durch den Durchgang zum Heldenplatz und weiter Richtung Burgtor und dann in der nächtlichen Stille stehen bleibe, mich rundumschaue, vielleicht leuchten die Sterne oder sogar ein gelber Mond, dann geht mir das Herz auf.

 nach einem Text von Joseph von Eichendorf

ROBERT SCHUMANN: MONDNACHT

Es war, als hätt der Himmel

Die Erde still geküsst,

Dass sie im Blütenschimmer

Von ihm nun träumen müsst’.

Die Luft ging durch die Felder

Die Ähren wogten sacht,

Es raunten leis die Wälder

So sternklar war die Nacht.

Und meine Seele spannte

Weit ihre Flügel aus,

Flog durch die stillen Lande,

Als flöge sie nach Haus.