Was ist ein winkelgerechtes Leben?

Br.: GERHARD S.

Wie einige von euch wissen, gehöre ich im profanen Leben seit mehr als 30 Jahren dem Berufsstand der Notare an, bin also ein „Öffentlicher Notar“ – in Österreich so etwas wie ein Mittelding zwischen Gerichtsbarkeit und Vollziehung, was nicht unwesentlich ist für das Thema des heutigen Abends.

So nebenbei bekleide ich ein paar Ehrenämter, wie etwa – seit fast 12 Jahren – einen der drei Vorstände der Stiftung des Wiener Volkstheaters, des ehemals größten Sprechtheaters im deutschsprachigen Raum. Auch dieses wird in meinem Baustück eine entscheidende Rolle spielen.

Aber jetzt zu unserem heutigen Thema:

Es ist die Geschichte von Franz und Walter. Zwei profane historische Persönlichkeiten, die sich nie begegneten und wohl nichts gemeinsam hatten – außer dass sie zur selben Zeit lebten.

Wir begeben uns daher in die Vergangenheit, es ist die Zeit der Wende zum 20. Jahrhundert – Fin de Siècle – ein Abschied.

Franz und Walter lebten eine zeitlang in derselben Epoche. Walter war allerdings älter als Franz und er überlebte ihn auch um 22 Jahre. Es hätte aber auch anders sein können.

Walter ist Deutscher, geboren 1886 in der Nähe von Danzig als Sohn eines Apothekers, gutbürgerliches Familienleben, zunächst studiert er in München Chemie, bricht jedoch das Studium ab und beschließt, fortan eine künstlerische Karriere einzuschlagen. Er wird Schauspieler.

1908 steht er im niederschlesischen Schweidnitz zum ersten Mal auf der Bühne. Weitere Engagements bringen ihn nach Zittau, Detmold und Breslau. Kurz vor Ausbruch des 1. Weltkrieges folgt er dem Ruf des Schauspielhauses in Dresden und mimt dort den „jugendlichen Charakterliebhaber“.

Franz kommt erst 1907 zur Welt, in einer ländlichen Umgebung in Oberösterreich, als lediges Kind einer Bauernmagd wird er von der Großmutter aufgezogen. Die Schusterswitwe Elisabeth Huber hatte 13 Kinder vom Ertrag einer Kleinlandwirtschaft zu ernähren. Das Umfeld von Franz ist geprägt von barocker Frömmigkeit. Die ärmlichen Verhältnisse verhindern eine höhere Bildung. Er besucht die einklassige Volksschule seines Heimatortes, wo ein einziger Lehrer 7 Jahrgänge mit bis zu 60 Kindern in einem Raum unterrichtete.

In einem späteren Mundartgedicht erinnert sich Franz an die Benachteiligung in der Schule aufgrund seiner Armut:

„Dass i a armer Bua bloß

des is ma kemma in mein Sinn.

Hab glernt so guat und brav

habns mir die Dreier zuwidraht.“

Zwei Menschen also, die verschiedener nicht sein konnten. Und so verschieden sie waren, so verschieden verhielten sie sich in ihrem Leben. Mit unterschiedlichem Ansatz und unterschiedlichem Ausgang.

Doch zunächst wechseln wir die Zeit. Es herrscht so etwas wie Aufbruchstimmung. Wir sind in den 20er-Jahren.

Walter ist also Schauspieler. In Dresden spielt er in Jedermann, Die Räuber, Kabale und Liebe. Beeindruckt vom Wirken Max Reinhardts übernimmt er immer öfter die Regiearbeit und verblüfft so manche Kollegen mit seiner „diktatorischen Art“. Der Deutsche Gewerkschaftsbund wirft ihm sogar „asoziales Verhalten“ vor und nennt ihn einen Despoten.

Er heiratet eine Sopranistin der Dresdner Hofoper. Als begnadete Wagner-Interpretin in der Gesellschaft bereits bestens integriert, freundet sich das Ehepaar in Bayreuth mit Siegfried und Winifred Wagner an. 1924 wird Walter Generalintendant des Fürstlichen Hoftheaters in Gera und inszeniert dort zahlreiche Klassiker, aber auch Zeitgenossen, wie Brecht und Zuckmayer.

Im Jahrbuch des Theaters in Gera beschreibt Walter seine Vorstellungen von einem Ensemble:

„Ensemble heißt für mich die sorgfältige Zusammenstellung verschiedenartigster Begabungen und körperlicher Erscheinungen, die, in richtiger Abstimmung zueinander, sich zu einer brennend interessierten Gemeinschaft, zu einer Einheit steigern lassen“.

Nationale Ideologien sind für ihn kein Thema.

Wie ging es mit Franz weiter?

Er verdingt sich als Knecht und Bergarbeiter. Seine Situation verändert sich schlagartig, als seine Mutter einen Landwirt heiratet. Franz wird von seinem nunmehrigen Stiefvater adoptiert. Dieser hat ein Zeitungsabonnement und besitzt viele Bücher. Franz beginnt zu lesen, denn (Zitat) „ein Mensch, der nichts liest, wird sich nie so recht selbst auf die Füße stellen können, er wird sehr oft nur zum Spielball der Meinung anderer“. Von seinem Lohn als Arbeiter am Erzberg kauft er sich ein Motorrad. Das erste im Ort. Franz ist jetzt wer.

Zudem stirbt bald danach der Stiefvater und Franz erbt seinen Hof. Er wird selbst Bauer und das Schicksal wiederholt sich: Eine seiner Mägde bekommt ein Kind von ihm. Franz kümmert sich sehr um das Mädchen, das – so wie einst er – von der Großmutter aufgezogen wird. Geheiratet wird aber nicht. Denn Franz will eigentlich ins Kloster. Auch eine junge Frau aus dem Nachbarort will Novizin werden. Ihr Name ist Franziska. Bevor die beiden ihren Entschluss in die Tat umsetzen, lernen einander Franz und Franziska kennen – und lieben. Es wird geheiratet. Die Hochzeitsreise geht nach Rom. Beide sind tief im Glauben verwurzelt.

Franz besucht fortan regelmäßig die Gottesdienste, liest intensiv die Bibel und andere religiöse Literatur, besonders Heiligenbeschreibungen. Eines Nachts träumt er von einem Zug, in den immer mehr Menschen einsteigen und im Hintergrund eine Stimme, die sagt: „Dieser Zug fährt in die Hölle!“

Franz und Walter sind in der dunklen Zeit angekommen.

Walter ist inzwischen Generalintendant der Städtischen Bühnen und des Schauspielhauses in Düsseldorf. Er engagiert Schauspieler wie Will Quadflieg, Karl Paryla und Leon Askin, sowie den ukrainisch-jüdischen Dirigenten Jascha Horenstein und Leopold Lindberg, ebenfalls jüdischer Abstammung. Walter fördert die Avantgarde, spielt sog. „moderne Opern“ von Hindemith, Strawinsky, Weill und Krenek und verpflichtet die jüdische Choreographin Ruth Loeser in sein Haus.

„Verjudung des Deutschen Theaters“ wird ihm vorgeworfen. Fortan sollen Wagner, Mozart und Richard Strauss gespielt werden. Walter fügt sich dem Diktat nur zögerlich. Die Gauleitung der Düsseldorfer NSDAP verlangt nach einem deutschen Spielplan.

Bereits im April 1933 stellt der Theaterausschuss der Stadt Düsseldorf an den Oberbürgermeister den schriftlichen Antrag, den Dienstvertrag des Generalintendanten zu kündigen und ihn sofort vom Dienst zu suspendieren. Als Begründung wird angeführt, dass er erklärt habe, ohne Juden künstlerisch nicht arbeiten zu können. Weiters habe er in der Karwoche die „Fledermaus“ mit „Niggertanz“ und die jüdische Revue-Operette „Im Weißen Rössl“ gespielt.

„Deutsche Künstler sind den Juden voranzustellen!“

„Wir wollen den deutschen Künstler, der sich als Diener und Gestalter deutschen Kulturgutes fühlt!“

„Wir sind es leid, beste deutsche Kunst in einer jüdischen Manier verborgen zu sehen!“

Das sind nur einige der Vorwürfe, denen Walter ausgesetzt ist. Doch er beweist Mut und verfasst eine 9-seitige Verteidigungsschrift, die er an die Gauleitung übermittelt. Der Kernsatz hieraus ist wohl der folgende:

„Gerade in den reproduzierenden Künsten gibt es zahlreiche Juden, die mit aufrichtiger Liebe und Bewunderung dem deutschen Wesen zugetan sind und die sich in den Dienst deutscher Kunstwerke stellen. Gerade der Fremde kann unser Wesen in manchem besser erkennen als wir selbst.“

Doch die Zeiten sind kompromisslos. Auch für Franz.

Für ihn kam die dunkle Zeit zwar erst 5 Jahre später, aber dann gleich mit voller Wucht.

Franz soll Bürgermeister seines Heimatortes werden. Er lehnt ab. Bei der Volksabstimmung über den „Anschluss“ Österreichs an Deutschland gibt er als einziger eine NEIN-Stimme ab. Sie wird von der Wahlbehörde unterschlagen. Franz zieht sich aus dem öffentlichen Leben zurück. Als er zum Wehrdienst eingezogen wird, leistet er zwar den Fahneneid auf Hitler, aber eher aus der Überzeugung „dass es eine Sünde sei, den Befehlen des Staates nicht zu gehorchen“. Um Aufschub seiner Einberufung hat er bei der Ortsparteileitung nicht angesucht, denn (Zitat) „zum Spielball der politischen Leiter dürfen wir uns nicht herablassen. Ich glaube, wir werden noch öfters einen festen Willen brauchen“. Er kann dennoch zunächst zurück auf seinen Hof und zur Familie. Mit Franziska hat er inzwischen drei Töchter.

Er wird Mesner in seiner Pfarrkirche und feiert täglich die Heilige Messe mit. Weil die Nazis die Kirche verfolgen und wegen ihres Euthanasieprogramms sowie durch intensives Studium der Bibeltexte fasst er den Entschluss, nicht wieder zum Militär einzurücken.

Familie, Freunde, der Pfarrer – alle versuchen, ihn zur Umkehr zu bewegen. Seine Frau Franziska hält letztendlich zu ihm – trotz der zu erwartenden Konsequenzen für sie und die Kinder. Dies wurde ihr später heftig vorgeworfen. Doch sie rechtfertigte sich damit, „dass der Franz ja dann gar niemanden gehabt hätte, der zu ihm hält“.

Er erinnert sich an seinen Traum vom Zug in die Hölle: „Ich möchte eben jedem zurufen, der sich in diesem Zug befindet: Springet aus, ehe dieser Zug in seine Endstation einfährt, wenn es dabei auch das Leben kostet!“

Am 1. März 1943 erklärt Franz vor der Militärbehörde, den Wehrdienst zu verweigern. Er wird verhaftet, zuerst in Linz eingesperrt und dann nach Berlin verfrachtet, wo man ihm vor dem Reichskriegsgericht den Prozess macht. Am 6. Juli 1943 wird Franz wegen „Wehrkraftzersetzung“ zum Tod verurteilt und am 9. August 1943 in Brandenburg hingerichtet.

In einem seiner Briefe aus der Haft schrieb er: „Besser die Hände gefesselt als der Wille“.

Und Walter?

Er beugt sich dem Diktat und entlässt seine jüdischen Ensemblemitglieder. Ja er bewirbt sich sogar um die Mitgliedschaft in der NSDAP, die ihm aber wegen seiner „liberalistisch-marxistischen Gesinnung“ verwehrt wird. Der NS-„Hofpoet“ Hanns Johst ist ein alter Freund. Für ihn inszeniert Walter das – laut Völkischem Beobachter – „erste Drama der deutschen Revolution“, das Propagandastück „Schlageter“, welches in der Folge an über 100 deutschen Bühnen aufgeführt wird. Bei der Premiere in Düsseldorf ist sogar Goebbels anwesend – und beeindruckt.

Der Vertrag in Düsseldorf wird aber nicht mehr verlängert. Zu groß und unüberbrückbar ist die ideologische Distanz zu den ortsansässigen Kulturpolitikern. Walter fährt nach Berlin – zu Goebbels. Er findet Unterstützung beim Propagandaminister, doch nach Düsseldorf kann er trotz Fürsprache nicht mehr zurück.

Es scheint, als wäre die Karriere von Walter vorbei.

Am sogenannten „Deutschen Volkstheater“ in Wien versucht gerade der bisherige Direktor Rolf Jahn sich in einem überschießenden Ausbruch von Opportunismus bei den neuen Machthabern beliebt zu machen. In Windeseile gestaltet er das traditionsreiche Haus in einen KdF (Kraft durch Freude) Freizeittempel um.

Doch diese „Schleimereien“ sind selbst den Nazis zuviel. Sie besetzen das Volkstheater neu.

Mit Walter.

Offensichtlich hat Goebbels die Hand im Spiel. Und Walter setzt einen bewundernswerten Schachzug: Er verschafft sich ein ruhiges Klima im Haus, engagiert Größen wie O.W.Fischer, Curd Jürgens, Gerd Fröbe, Paul Hubschmid, Judith Holzmeister und Inge Konradi.

Er schafft es, mit seinem Spielplan linientreues Propagandatheater mit kritischer Opposition so zu verknüpfen, dass es den Machthabern gar nicht sonderlich auffällt.

Das Volkstheater wird ein Ort stillen Widerstands und ein Hort für Verfolgte.

Eines seiner Ensemblemitglieder ist die Schauspielerin Dorothea Neff. Walter kennt sie aus seiner Zeit in Gera und holt sie nach Wien. Sie versteckt in ihrer Wohnung vier Jahre lang ihre jüdische Freundin Lili Wolff. Walter weiß dies und deckt Neff. Bis zum Kriegsende.

Am 1. September 1944 wird das Deutsche Volkstheater kriegsbedingt geschlossen. Walter bemüht sich bis zuletzt erfolgreich, die von der Partei geplante Entfernung „nichtarischer“ Künstler aus den Annalen und der Galerie des Hauses zu verhindern.

Ja und er selbst versteckt in seiner Wohnung 6 Monate lang seinen Dresdner Freund, den Architekten Fritz Naumann, der von der Gestapo wegen „defätistischer Reden“ gesucht wird.

Walter wird nach dem Krieg Intendant des Nürnberger Theaters, jedoch wegen seiner Nahebeziehung zur NSDAP kurze Zeit später wieder entlassen. Im Jahr 1949 wird er allerdings entlastet und ihm bescheinigt, dass er in der sog. „Judenfrage“ eine „mutige Haltung“ eingenommen hat.

Zwischendurch als Theaterdirektor in Braunschweig kehrt er schließlich 1951 in „sein“ Düsseldorf zurück.

Er stirbt 1965.

Geliebte Schwestern und Brüder.

Den einen habt ihr ja wohl erkannt. In der katholischen Kirche ist er heute ein Seliger und dereinst vielleicht ein Heiliger.

Franz Jägerstätter

Der andere ist heute völlig unbekannt. Und er wird auch nie ein Heiliger werden. Doch sein Portrait hängt in der Galerie der Intendanten des Wiener Volkstheaters vorbehaltlos neben allen anderen – und das zu Recht.

Sein Name: Walter Bruno Iltz.

Warum vergleiche ich diese beiden Menschen?

Jägerstätter hat seine Überzeugung gelebt. Ohne Wenn und Aber und ohne Rücksicht auf seine engsten Mitmenschen, seine Frau, seine Kinder. Er hat – so mag man meinen – einen exakten rechten Winkel beschritten.

Was hat es ihm gebracht?

Genugtuung für ihn selbst, seiner Überzeugung bis zum Tod treu geblieben zu sein? Er möge ein Mahner sein, aber kann sein Leben für uns auch ein Vorbild sein?

Ich habe früher Franz Jägerstätter in seinem Verhalten nicht verstanden, ja sogar das eine oder andere Mal verachtet, weil er seine Familie, seine kleinen Kinder im Stich gelassen hat. Beim genaueren Studium seines Lebens habe ich jedoch erkannt, dass er gar nicht anders hätte handeln können. Er wäre am Bruch seiner Überzeugung im Leben gescheitert.

Auch Iltz hat seine Überzeugung gelebt. Aber anders, eben vielleicht nicht gerade rechtwinkelig. Seine Gratwanderung zwischen regimekritischer Opposition einerseits und Linientreue andererseits hat zumindest einigen Menschen Vorteile gebracht und diese vor Verfolgung und möglicherweise Tod bewahrt. Kann er für uns ein Vorbild sein?

Gibt es überhaupt ein einzig wahres, vorbildhaftes und winkelgerechtes Leben?

Ich denke mir oft in meinem Beruf, ob ich es zustande bringen könnte, gegen meine Überzeugung verordnete staatliche Vorschriften zu vollziehen. Mein beruflicher Eid verpflichtet mich dazu. Und haben wir als Freimaurer nicht alle bei unserer Aufnahme gelobt, „die Landesgesetze zu beachten“? Wie sollen wir mit „ungerechten“ Gesetzen umgehen?

In meiner Zeit als Rechtspraktikant in den 80er-Jahren verbrachte ich drei Monate am damals noch existierenden Jugendgerichtshof in der Rüdengasse.

Mein Ausbildungsrichter Dr. Ott – er ist bereits verstorben – sagte einmal zu mir:

„Ich liebe meinen Beruf und würde ihn um nichts auf der Welt aufgeben. Außer, wenn in Österreich wieder die Todesstrafe eingeführt wird.“

Ich habe über diese Einstellung lange nachgedacht und überlegt, ob es nicht erst recht wichtig wäre, in solch einer Situation „an den Hebeln der Macht“ zu bleiben, um vielleicht den einen oder anderen Unglücklichen vor der Todesstrafe zu bewahren. Einen gewissen Spielraum in der Urteilsfällung gibt es immer.

Andererseits müsste ich zwischendurch bei eindeutiger Schuldfrage dann doch wieder gegen meine Gesinnung Todesurteile fällen, was mein Gewissen wohl nicht zulassen würde. So gesehen hatte Dr. Ott vermutlich Recht.

Im Zusammenhang mit diesem Gewissenskonflikt gibt es sogar ein konkretes Beispiel – zufälligerweise in Verbindung mit dem Fall Jägerstätter:

Der Vorsitzende des Senats im Reichskriegsgericht, welcher das Todesurteil gegen Franz Jägerstätter gefällt hat, Gerichtsrat Werner Lueben, der bereits für mehr als 100 Todesurteile mitverantwortlich war, entzog sich am 28. Juli 1944 einem weiteren offensichtlichen Unrechts-Urteil durch Selbstmord. Er hätte an diesem Tag auf Druck von Himmler drei katholische Priester zum Tod verurteilen sollen. Im Laufe des Verfahrens hatte Lueben versucht, die Beweiskraft der Gestapo-Protokolle in Zweifel zu ziehen und den Prozess wenigstens anhand der damaligen Rechtsvorschriften durchzuführen.

Die Hinrichtung der drei Priester konnte er trotzdem nicht verhindern. Sie verzögerte sich lediglich um ein paar Monate.

Gerade in der heutigen Zeit der Umbrüche, globalen Katastrophen, Migrationen,  des Terrors und der Weltwirtschaftskrisen denken wir vermehrt an die Szenarien autoritärer Machtverhältnisse. Und von dieser Möglichkeit bleibt im Ernstfall unser Land sicher nicht verschont.

Was tun mit unserem Gelöbnis, „die Landesgesetze zu beachten“?

Sollen wir wie Franz der Überzeugung wegen unsere Existenz und Handlungsfähigkeit verlieren oder wie Walter das Unrecht zum Vorteil benützen – auch unter der Gefahr, damit das Unrecht zu fördern?

Jägerstätter schreibt in einem Brief an sein Patenkind: „Wir haben schon in der Schule gelernt, dass der Mensch einen Verstand und einen freien Willen hat und besonders auf unseren freien Willen kommt es an, ob wir ewig glücklich oder ewig unglücklich werden wollen“.

Ich denke, dass jeder Mensch seine Überzeugungen und Ideale so leben soll, wie es ihm seine Fähigkeiten und sein Gewissen erlauben.

Da kann der rechte Winkel dann vielleicht auch einmal stumpf sein.

Hauptsache ist: MENSCHLICH MUSS ER SEIN!